■ Kommentar: Weg mit den Sektierern
Einen »Alibi-Umzug« nennt die Deutsche Friedens-Gesellschaft die von den Parlamentsparteien initiierte Demo gegen Ausländerhaß und Antisemitismus am 7. November und ruft deshalb zu einer eigenen auf. Wenn man mal davon absieht, daß die CDU in bewährter Feigheit schon wieder am Abspringen ist, dann kann man schon verstehen, daß das politische und ästhetische Vergnügen an der Idee, mit Lummer oder Heckelmann auch nur das Pflaster zu teilen, ein begrenztes ist. Nichts leichter als die Analyse, sie in der Asylfrage als die brandstiftenden Biedermänner dingfest zu machen. Also am besten die CDU an die Wand drücken und die SPD gleich mit dazu? Das Ausmaß des Realitätsverlustes bei der Deutschen Friedens-Gesellschaft läßt sich schon an ihrer Sprache ablesen, wenn sie phantasiert, wie sie auf ihrer eigenen kleinen feinen Demo »energisch mit Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und sonstigem Rassismus aufräumt«. Aufräumt! An diesem von uncharmantem Größenwahn durchtränkten Satz läßt sich das zentrale Problem der Linken — oder was von ihr nach Mauerfall übrigblieb — klar ablesen: Sie hat immer noch nicht begriffen, wie dramatisch sich die Kräfteverhältnisse verändert haben. Die Faschisierung, die diese Linke jahrelang als Gefahr an die Wand malte, droht jetzt Realität zu werden. Das einfache Rezept dagegen, Bündnisse nur mit den Guten zu schließen, zeugte damals schon von einer neoromantischen Lebensauffassung, heute aber ist es brandgefährlich. Gerade die CDU muß dazu gezwungen werden, allerorts und überall Judenhaß und rassistische Gewalt wieder zu tabuisieren. Also: Mit Lummer mitlaufen — und ihm und all den andern die Ohren vollbrüllen mit der Forderung nach Erhalt des Artikel 16. Ute Scheub
Siehe auch Seite 18
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