In der Olympiakalkulation klaffen Lücken

■ Finanzstudie der Olympia GmbH weist Gewinn von 190 Millionen Mark aus

Berlin. 190 Millionen Mark Gewinn kann das Land Berlin erzielen, wenn es die Olympischen Spiele im Jahre 2000 ausrichtet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die im Auftrag der Olympia GmbH gefertigt wurde. Der Aufsichtsratsvorsitzende der GmbH, der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, nannte das Rechenwerk gestern eine „detaillierte Kalkulation auf Basis kaufmännischer Vorsicht“. Danach werden sich, nach Ablauf der Spiele, 3,277 Milliarden Mark olympiabedingte Kosten und 3,467 Milliarden Mark Erlöse gegenüberstehen. In die Rechnung wurden Sicherheitsmargen eingebaut, weshalb nach Diepgens Einschätzung der Bilanzgewinn wahrscheinlich noch höher sein werde.

Einer der größten Einnahmeposten werden die Fernsehübertragungsrechte sein. Nach Abzug der Anteile für die Olympische Familie sollen Nettoeinnahmen in Höhe von 937 Millionen Mark in der Stadt verbleiben.

813 Millionen Mark erhoffen die Betreiber durch Marketing und 136 Millionen Mark durch den Verkauf der Eintrittskarten zu erzielen. Aus Münzverkauf errechnet die Studie Erlöse von 1,415 Milliarden Mark, Lotterieeinnahmen sollen mit weiteren 120 Millionen Mark zu Buche schlagen.

In die Kostenkalkulation wurden nur die Posten aufgenommen, die als „olympiabedingte Investitionen“ klassifiziert wurden. Unter diese Summe von 1,532 Milliarden fallen „sämtliche Wettkampf- und Trainingsstätten“, obwohl sie, wie die Studie anmerkt, „erhebliche Nachnutzung erfahren werden“. In dieser Summe sind allerdings weder die 750 Millionen Mark enthalten, die für die Hallen an den Standorten Jahn-Stadion und Werner-Seelenbinder-Halle veranschlagt sind, noch die Kosten, die unter Umständen auf die öffentliche Hand beim Bau der Olympia-Mehrzweckhalle zukommen. Für letzteres wurde bislang eine Gesamtsumme von 1,1 bis 1,5 Milliarden Mark kalkuliert, wegen der schwierigen Finanzierung schleppen sich die Verhandlungen mit Investoren seit Monaten dahin.

Die 750 Millionen Mark für die Hallen tauchen nicht in der Olympiakalkulation auf, weil sie, so Diepgen, „bereits in der Investitionsplanung Berlins“ enthalten seien. Mit der gleichen Begründung wurden 1,754 Milliarden Mark, die der Ausbau der Messehallen für Olympia kostet, nicht in die Rechnung aufgenommen.

Auf den Bund kommen, nach Ansicht der Olympia GmbH, lediglich Kosten in Höhe von 193 Millionen Mark wegen des Ausbaus des Olympiastadions zu. Diepgen geht deshalb davon aus, daß „die Studie unsere Debatte mit der Bundesregierung befruchten wird“. Er hofft, daß der Bundeskanzler jetzt die langersehnte „Garantieerklärung“ gegenüber dem IOC abgeben wird.

Davon ist die sportpolitische Sprecherin der Grünen/Bündnis 90, Judith Demba, nicht überzeugt. Sie hält die vorgelegte Kalkulation für eine „Mogelpackung“, bei der wesentliche olympiabedingte Kosten verschleiert würden. Dieter Rulff