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Zwanziger Jahre wie aus dem Bilderbuch

„Die Tigerin“, der Halbwelt- Roman des Dadaisten Walter Serner, ist ein Endlos-Dialog: erotische Argumente und verbale Exzesse über die verfängliche Frage, ob die Liebe jenseits der Simulation existiert. Lüstern, lasziv, raffiniert krallen sich die Sätze ineinander wie die Körper der Liebenden— eine wilde Verwirrung, die tödlich endet, was sonst. „Die Tigerin“, der 6,5Millionen Dollar schwere Debütfilm von Karin Howard, verkehrt Serners Versuch, der Lust mittels Sprache beizukommen, ins krasse Gegenteil. Auf verbale Exzesse hat die Drehbuchautorin der „Unendlichen Geschichte II“ konsequent verzichtet, auf lüsterne, laszive, raffinierte Bilder allerdings auch. Auf dem Plakat trägt Hauptdarstellerin Valentina Vargas das Fellmuster der Wildkatze aufgemalt auf nackter Haut, und so geht es hundert Minuten: leere Gesichter, zwanziger Jahre wie aus dem Bilderbuch, Tünche der Rest. Bei Serner rasen und stottern die Worte, bei Howard rasen und stottern die Motorräder und Bugattis. Europudding, auf englisch gedreht: aufgemotzte Effekthascherei. Eigentlich sollte Robert van Ackeren Regie führen, das hätte uns seine jüngste „Wahre Geschichte von Männern und Frauen“ vielleicht erspart, mit Sicherheit aber Howards seichtes Happy- End. Ein verwegener Liebestod à la van Ackeren wäre der solcherart gezähmten Tigerin allemal vorzuziehen.Chp

Karin Howard: „Die Tigerin“, nach dem Roman von Walter Serner, mit Valentina Vargas, James Remar, Hannes Jaenicke, Deutschland 1991, ca. 100 Min.

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