: 600 Millionen sind futsch
■ Karlsruher Steuerurteil vermindert auch Hamburgs Einnahmen
vermindert auch Hamburgs Einnahmen
Kurzfristige Auswirkungen des Karlsruher Steuerurteils für den Hamburger Haushalt des nächsten Jahres sieht die Finanzbehörde der Hansestadt nicht; ab 1996 jedoch, so der Pressesprecher von Stadtkämmerer Wolfgang Curilla, Matthias Woisin, gegenüber der taz, müsse der Bund „die Kompensation der zu erwartenden Mindereinnahmen der Länder sicherstellen“.
Das Bundesverfassungsgericht (BVG) entschied am Mittwoch, daß der Grundfreibetrag in der Lohn- und Einkommenssteuer zu niedrig sei. Er müsse mindestens auf die Höhe des Sozialhilfesatzes von derzeit 12407 DM für Ledige pro Jahr angehoben, mithin mehr als verdoppelt werden. Die Bundesregierung rechnet mit Steuermindereinnahmen von rund 30 Milliarden Mark pro Jahr.
Für Hamburg dürfte dies einen Verlust in Höhe von 600 Millionen Mark oder mehr pro Jahr ergeben, eine Größenordnung, die nach Ansicht der Finanzbehörde „kein Länderhaushalt, auch der Hamburger nicht, verkraften kann“. Für einen Ausgleich müsse nun CSU-Finanzminister Waigel sorgen.
Den möglichen Ausweg aus der drohenden Finanzmisere hat das BVG in seinem Urteil bereits angedeutet: Die Erhöhung der Steuerprogression, sprich die stärkere Belastung von Beziehern mittlerer und höherer Einkommen. Selbst im Bonner Finanzministerium scheint ersten Andeutungen zufolge eine gewisse Bereitschaft zu bestehen, an diesem Tabu-Thema der schwarz-gelben Koalition zu kratzen.
Eigene Gedankenspiele Hamburgs zur Auffüllung des ohnehin schwindsüchtigen Stadtsäckels gibt es nach Angaben von Matthias Woisin nicht: „Das ist ein Bonner Thema, und das wird dort entschieden“. Ob über die Ländervertretung in Bonn, den Bundesrat, eigene Initiativen entwickelt würden, sei noch nicht abzusehen. „Das wäre reine Spekulation“, so Woisin. „Wir werden erstmal den schriftlichen Urteilstext genau analysieren, und dann sehen wir weiter“. smv
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen