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Voraussehbare Entwicklung-betr.: "Italien ade?", "Sfascicmo - ein Zungenbrecher mausert sich zum Fachbegriff" von Werner Raith, taz vom 9.10.92

betr.: „Italien ade?“, „Sfascismo-ein Zungenbrecher mausert sich zum Fachbegriff“ von Werner Raith, taz vom 9.10.92

[...] Für jedeN einigermaßen informierteN BeobachterIn der italienischen Verhältnisse war die von Raith berichtete und kommentierte Entwicklung vorauszusehen. Mißverständnisse könnte der Hinweis auf den PRI wecken: die Ligen sind auf irgendeinen „Segen“ der Großindustrie meiner Einschätzung nach nicht angewiesen. Denn sie sind vor allem in den Schichten des mittleren und kleinen Bürgertums verankert, haben hier auch ihre materielle Basis und sind zum Teil sogar gegen die Großunternehmen eingestellt, denen sie Verfilzung mit Staat und Parteien vorwerfen. Der PRI scheint mir lediglich auf den „Regionalismuszug“ aufzuspringen, um seine politische Existenz zu sichern.

Ich vermisse einen Hinweis auf Maastricht: haben die dort gefaßten Beschlüsse, die vor allem mit ihren finanzpolitischen beziehungsweise währungspolitischen Regelungen Italiens Entwicklung zu einem wirtschaftlichen und sozialen Hinterhof der EG zu programmieren scheinen, nicht beschleunigend auf den „sfascismo“ gewirkt? Die zeitliche Nähe zwischen Maastricht, den Referenden in Dänemark und Frankreich sowie der italienischen Rundfunksendung „Konfrontation“ scheint dafür zu sprechen.

Raiths Kommentarhinweis auf den europäischen Charakter der Entwicklung hin zu regionalen politischen Einheiten ist völlig richtig. Abzulehnen ist jedoch, daß er für die sich abzeichnende epochale, grundlegende Veränderung der Landkarte Europas einen rein negativ besetzten Oberbegriff wählt: „sfascismo“ — Auflösung. Damit erweckt er — vielleicht unbeabsichtigt, auf jeden Fall zu Unrecht — den Eindruck, als sei Regionalisierung gleichzusetzen mit Balkanisierung Europas und als bedrohten nun den ganzen Kontinent Bürgerkriege, wie sie in Teilen Osteuropas gegenwärtig toben. Die überwiegende Mehrzahl regionalistischer Parteien und Bewegungen strebt — noch — die Schaffung einer europäischen Föderation oder zumindest einer Konföderation an. Und anstatt diesen italienischen Zungenbrecher aus einer nun eben mal überholten jakobinischen nationalstaatlichen Sicht zu popularisieren, sollte Raith, weil dies den Gegebenheiten mehr entspricht, die Begriffe „Region“ und „Föderation“ in das Bewußtsein seiner LeserInnen heben. Lutz Roemheld, Fröndenberg

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