Mangel an Profil, Geld, Lobby?

■ Galeristen und Künstler diskutierten über die Zukunft des freien Ausstellungsbetriebs auf Kampnagel / Ein einmütiges Fazit

auf Kampnagel/Ein einmütiges Fazit

Seit zehn Jahren ist die bildende Kunst ein wichtiger Bestandteil der internationalen Kulturfabrik Kampnagel. Doch wird sie auch wichtig genug genommen? Droht der Ausstellungsbetrieb in der Halle K3 und der KX-Galerie, den einzigen Orten für Ausstellungen freier unabhängiger Künstler, mangels Geld, Initiative und künstlerischem Profil einzugehen? Dieses Menetekel der Moderatorin Babette Peters bildete am Mittwochabend die Basis für das Kunstgespräch in der APC-Galerie.

Geladen waren Helmut Leppien, stellvertretender Direktor der Kunsthalle und Sprecher der Arbeitsgruppe bildende Kunst, die über das Ausstellungsprogramm von K3 entscheidet, Siegfried Fuhrmann, Sprecher der KX-Galerie, und die Künstlerinnen Sabine Mohr und Mariola Brilowska. Mitglieder der Kampnagel-Verwaltung waren der

1Einladung nicht gefolgt.

Seit der Wandmalereiaktion von 1982 – Verlorene Bilder – finden in der Halle K3 jährlich etwa sieben Ausstellungen statt. Ab 1987 setzte sich der damalige Kunstvereins-Direktor Karl-Egon Vester für den nicht institutionalisierten Ausstellungsraum ein und gründete den Verein Neue Kunst in Hamburg. Dessen heutiger Sprecher Joachim Waitz ließ unlängst verlauten, „Kampnagel interessiere in Zusammenhang mit bildender Kunst nicht mehr“. In einem ebenfalls vor kurzem erschienenen Zielsetzungspapier von Man in't Veld wird die bildende Kunst mit keinem Wort erwähnt. Im Kampnagel-Trägerverein gibt es, seit dem Rücktritt der Galeristin Ida Kaufmann, keinen Vertreter der bildenden Kunst mehr.

Die AG bildende Kunst, eine Art Selbstverwaltung von Künstlern,

1wählt die Künstlerinnen und Künstler für die Ausstellungen in K3 aus. Die Malerin und Filmerin Mariola Brilowska hatte sich bereits im Frühjahr 1991 beworben. Im Frühjahr 1993 wird ihre Ausstellung stattfinden. Die „Wartezeit“ erklärt sich auch aus dem Umstand, daß der Arbeitskreis, der über keinen eigenen Etat verfügt, einmal im Monat zusammentritt und oft erst nach einigen Sitzungen für oder wider einen Bewerber entscheidet.

Die Ausstellungsfläche wird auch durch diverse andere Institutionen, wie das Sommertheater oder zur Zeit auch den Berufsverband bildender Künstler (BBK) genutzt. Da alle diese Ausstellungen sehr unterschiedlichen Charakter haben, ist es für die Arbeitsgruppe denkbar schwer, dem Programm ein inhaltliches Profil zu geben.

„Kampnagel darf nicht zu einem

1Ort werden, in den die Stadt Ausstellungen, die in den großen Häusern keinen Platz finden, abschiebt“, bemerkte Helmut Leppien dazu. Die Erkenntnis, daß zu viele Sachzwänge inhaltliche Arbeit unmöglich machen, brachten Sabine Mohr bereits dazu, die Arbeitsgruppe zu verlassen: „Verwaltung ist nicht mein Interesse“.

Alle waren sich einig, daß mehr Geld die Situation erheblich verbessern würde. Die, wie Mariola Brilowska betonte „schönste aller freien Ausstellungshallen“ hat nicht einmal einen Wasserhahn; die 3000 Mark Förderungsgeld, die die Kulturbehörde bisher jedem Ausstellenden bewilligte, reichen für Versicherung und Porto, nicht aber für den Druck von Einladungskarten, so Mariola Brilowska. Eine wirkliche Förderung, so Brilowska weiter, sei auch erst dann gegeben, wenn ein Katalog zur Ausstellung erscheinen könne.

Ein „kulturpolitischer Wille“ müsse her, darin waren sich alle einig, und vor allem die Künstler, in deren vitalem Interesse ein freier Ausstellungsbetrieb liegt, sollen ihn artikulieren. Insgesamt war es eines der Gespräche wie jenes, an das sich Leppien während der Diskussion vergeblich versuchte zu erinnern: „wahrscheinlich weil dort wieder einmal beschlossen wurde, daß etwas geschehen muß“. Julia Mummenhoff