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Umweltgifte machen Paare kinderlos

■ Unfruchtbarkeit durch Pestizide und Schwermetalle im Betrieb und zu Hause

Berlin (taz) – Die Zahl der ungewollt unfruchtbaren Ehen in der Bundesrepublik hat sich in den vergangenen 30 Jahren auf 2,9 Millionen Paare erhöht. Umweltmediziner führen diese Entwicklung auf die erhöhte Belastung der BundesbürgerInnen mit giftigen Umweltchemikalien zurück. Ökotest zitiert in seiner neuesten Ausgabe den Gießener Mediziner Wolf-Bernhard Schill: Ihm seien inzwischen „mehr als 100 Chemikalien bekannt“, die bei männlichen Labortieren das Fortpflanzungsverhalten „erheblich beeinträchtigen“. Gerade in den vergangenen Tagen waren noch zwei Lösungsmittel ins Gerede gekommen, die zu einer erhöhten Zahl von Fehlgeburten führen sollen (taz 15.10).

Der Startpunkt zu den vielen Untersuchungen der vergangenen Jahre waren nach dem Bericht des Magazins amerikanische und dänische Studien, die Anfang der achtziger Jahre in Spermienproben westlicher Männer nur noch durchschnittlich 50 Millionen Spermien zählten. Bei Proben in den zwanziger Jahren waren es noch durchschnittlich 140 Millionen gewesen.

In Tierversuchen zeigte sich, daß Blei im Trinkwasser die Samenqualität beispielsweise von Ratten stark beeinträchtigte. In Gebieten mit alter Schwerindustrie und bei Männern, die am Arbeitsplatz mit Blei zu tun hatten, stellten Magdeburger Wissenschaftler 1981 eine wesentlich verschlechterte Spermienkultur fest. Die Schwermetalle Cadmium und Quecksilber stehen gleichfalls im Verdacht, die männliche Fruchtbarkeit zu schädigen.

Quecksilber soll zudem auch die Fruchtbarkeit von Frauen schädigen. Dänische Studien zeigten erheblich mehr Zyklusstörungen und Fehlgeburten bei Zahnarzthelferinnen, die täglich mit Bleifüllungen hantierten. Auch in den Eizellen der Frauen reichern sich offenbar Schadstoffe an. Die Hamburger Wissenschaftlerin Vera Baukloh wies schon 1984 Pestizide wie Lindan und DDT in der Eizellflüssigkeit nach. Die Heidelberger Gynäkologin Ingrid Gerhardt schätzt, daß „25 Prozent aller unfruchtbaren Paare durch Umweltschadstoffe kinderlos bleiben“. Den Behörden genügen die Indizien noch nicht zum Handeln. „Vermutungen reichen nicht, wir brauchen Beweise“, zitiert Ökotest einen Wissenschaftler des Bundesgesundheitsamtes. ten

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