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Dänische Sonderwünsche für Maastricht

■ Mehrheit des Parlaments besteht auf Ausnahmeregellungen der EG

Kopenhagen (taz) - Ein juristisch bindendes und zeitlich beschränktes Sonderabkommen – das ist die Grundvoraussetzung, unter der sich eine Mehrheit des dänischen Parlaments ein Ja zu Maastricht bei einer neuen Volksabstimmung vorstellen kann. Darauf einigte sich nun eine „große Koalition“ der Oppositionsparteien aus Sozialdemokraten, liberaler Radikalen-Venstre und Sozialistischer Volkspartei nach fast zweiwöchiger Debatte.

Nun ist offiziell, daß Dänemark Ausnahmeregelungen zu mehreren entscheidenden Maastricht- Vereinbarungen von der EG verlangt. Das Land will sich weder an einer gemeinsamen Verteidigungspolitik noch an einer EG-Armee beteiligen. Eine gemeinsame Währung und eine europäische Zentralbank kommen für Dänemark ebensowenig in Frage wie eine einheitliche EG-Staatsbürgerschaft. Das Folketing lehnte es ausdrücklich ab, die dänische Sozialpolitik auf den kleinsten gemeinsamen Nenner der EG zu reduzieren. Die EG soll sich und ihre Institutionen demokratisieren, die Rechte der nationalen Parlamente sollen bewahrt bleiben. Die Sonderstellung Dänemarks will das dänische Parlament in den Maastricht-Vertrag selbst aufgenommen haben.

In einer „Allgemeinklausel“ wird außerdem festgehalten, daß es wünschenswert sei, wenn die nun auszuhandelnde dänische Sonderstellung auch für andere, neue wie alte, Mitgliedsländer in Zukunft offenstünde. Ein abgemagertes Maastricht als vollwertige Alternative zielt offenbar nicht nur auf die dänischen WählerInnen, sondern vor allem auf die EG- skeptische Stimmung in den übrigen nordischen Ländern, die vor Brüssels Tür warten.

Der Forderungskatalog entspricht im wesentlichen den Punkten, die die oppositionellen Sozialdemokraten unmittelbar nach dem Volksabstimmungs-Nein vom 2.Juni als Umverhandlungsforderungen in die Diskussion gebracht hatten. Ihre AnhängerInnen hatten entscheidend zur Nein-Mehrheit beigetragen: Zwei Drittel votierten gegen die Empfehlung der Partei, mit Ja zu stimmen. Ministerpräsident Poul Schlüter entschied sich angesichts dessen zu einem parlamentarischen Schachzug: Seine konservative Partei hielt sich zunächst vollständig aus den Verhandlungen über die dänischen Sonderbedingungen zwischen den Parteien links von seiner Minderheitskoalition heraus.

Die Verhandlungen wurden vom sozialdemokratischen Oppositionsführer Poul Nyrtup Rasmussen koordiniert. Rasmussen – die Londoner Times bezeichnete ihn schon als „EG-Boß“ – konnte sich dabei sogar als Alternative zum jetzigen Ministerpräsidenten profilieren. Die innenpolitischen Auswirkungen sind angesichts der schwachen Minderheitsregierung Schlüter deshalb nicht hoch genug einzuschätzen. Es wird mittlerweile schon nicht mehr über das Ob, sondern über das Wann eines Regierungswechsels spekuliert.

Schlüter und seiner Regierung blieb letztendlich auch kaum etwas anderes übrig, als die Opposition agieren zu lassen. Nicht nur weil diese Parteien die Folketin-Mehrheit stellen, sondern auch weil nur deren Anhänger eine Mehrheit bei der neuen Volksabstimmung auf die Waage bringen könnten, die für das kommende Jahr vorgesehen ist.

Mit dem ihnen von der Opposition mehr oder weniger aufgezwungenen Forderungspaket werden Schlüter und sein Außenminister Ellemann-Jenßen jetzt in die Verhandlungen mit Brüssel gehen müssen. Deren Ausgang muß als offen gelten. Schon in Birmingham war die Stimmung für die dänischen Sonderwünsche alles andere als entgegenkommend. Doch würde es nicht viel Sinn machen, wesentliche Punkte aus dem Forderungskatalog zu streichen: Kopenhagen könnte sich dann eine neue Volksabstimmung sparen. Denn die Opposition zu Maastricht hat nach der Volksabstimmung nicht ab-, sondern noch zugenommen. Reinhard Wolff

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