: Die "Radnik" kam durch die Hintertür
■ Verstoß gegen UNO-Embargo: Zoll stoppte Frachter im Hamburger Hafen, der einer serbischen Firma gehören soll
: Zoll stoppte Frachter im Hamburger Hafen, der einer serbischen Firma gehören soll
Die Mannschaft der „Radnik“ bekam gestern unerwartet frei und verbrachte den Nachmittag mit Fernsehen und Kartenspielen. Eigentlich sollte der Frachter gegen 15 Uhr auslaufen. Doch der Hamburger Zoll hatte die Abfertigung verweigert, die Beladung mit Kali untersagt. Begründung: Das Schiff steht unter Verdacht, im Besitz Rest-Jugoslawiens zu sein.
Der Aufmerksamkeit eines klugen Zöllners soll es zu verdanken sein, daß die wahre Herkunft der „Radnik“ entdeckt wurde. Der Beamte wurde stutzig, weil die 90 Mann Besatzung ausschließlich aus Serbien kamen, auch der Kapitän. Die „Radnik“ hatte am Montag in Stettin Drahtrollen geladen. Gestern sollten in Hamburg zusätzlich 11000 Tonnen Kalium an Bord genommen werden, bevor es nach Shanghai und Singapur weitergehen sollte. Das Schiff war über den Nord-Ostsee-Kanal gekommen, hatte sich sozusagen „durch die Hintertür eingeschlichen“, wie es Zoll-Sprecher Siegmund Zwirn gestern beschrieb. 100prozentig bewiesen ist noch nichts. Der Dampfer gehört offiziell der panamesischen „Oceanic Bulk Shipping S.A.“, ein Fantasiename, so Hamburgs Zollamts-Leiter Peter Bender gestern. In dem gedruckten Lloyd- Schiffregister von 1992/93 ist denn auch die „Jugoslavenska Oceanska Plovidba“ als Eignerin registriert.
Die hiesigen Hafen- und Zollämter waren erst vor einer Woche ins Gerede gekommen, als das ARD- Magazin „Monitor“ aufdeckte, daß im Hamburger Hafen ungestört Schiffe abgefertigt werden, die zwar unter maltesischer Flagge fahren, aber in der Hand von Firmen aus Serbien und Montenegro sind. Seither sind die entsprechenden Behörden „mehr sensibilisiert“, wie es Zoll-Leiter Bender formulierte. Nach Recherchen des Fernsehmagazins unterläuft Rest-Jugoslawien mit mindestens 40 ausgeflaggten Schiffen das Handels-Embargo der UNO. Mit den so erwirtschafteten Devisen würden Serbien und Montenegro Waffen kaufen.
Die juristische Grundlage für ein Eingreifen liefert das Außenwirtschaftsgesetz. Nach Paragraph 69 h sind alle Dienstleistungen, an denen Serbien oder Monenegro verdienen können, verboten. Für den Zoll genügte gestern schon der Verdacht, um die Verladearbeiten am Kali-Kai zu unterbinden. Trotzdem hat die Maklerfirma, die „Kali- Transport“, mit einer Schadensersatzklage in Höhe eines fünf- bis sechsstelligen Betrages gedroht.
Seit gestern abend liegt die
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1„Radnik“ an den Norderelb-Pfählen, wo die Liegegebühr niedriger ist. Wenn es nach dem Zoll ginge, könnte das Schiff jederzeit auslaufen — ohne Kali an Bord. Die Entscheidung liegt beim Charterer,
1einer Hamburger Firma, die den Frachter für die Stettin-Singapur- Tour gemietet hat. Gegen sie ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft. Wäre sie doch verpflichtet zu prüfen, ob es sich um ein Schiff aus
1Rest-Jugoslawien handelt. Allerdings müßte man der Firma beweisen, daß sie nichts von der wahren Herkunft gewußt hat. Und das, so Zoll-Chef Bender, ist erfahrungsgemäß sehr schwer. Kaija Kutter
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