■ Standbild: Müder Abklatsch
„Im besten Alter“, Montag, West3, 21Uhr
Charlotte war fein raus. Verehrte ihren zurückgelassenen Freundinnen ein paar billige Andenken und setzte sich nach Amerika ab. Wir Daheimgebliebenen durften derweil ihrer Rest-WG bei der Suche nach einer Nachmieterin Gesellschaft leisten und sehnten uns schon bald nach Rose, Blanche, Dorothy und Sophia. Aber nein, jede Ähnlichkeit mit den „Golden Girls“ sollte ja hier nach dem erklärten Willen der Verantwortlichen rein zufällig sein. Was natürlich Quatsch ist, aber sei's drum. Nur, welcher Sender hätte sich schließlich ohne die Pionierarbeit jener liebenswerten NBC- Fregatten hierzulande schon getraut, eine Serie mit Damen jenseits des Klimakteriums auf den Schirm zu bringen?
Und nun plötzlich das Gerontologen-Fieber auf allen Kanälen: Schmonzetten um Edel-Pensionäre am „Haus am See“, Ingel Meysel als „Kein pflegeleichter Fall“ und jetzt auch noch mindestens 26mal „Im besten Alter“.
Doch was Ilse Biberti und Jochen Busse ihren Heldinnen hier ins Textbuch geschrieben haben, war humoristische Diät. Statt umwerfender Sarkasmen im rosa Bettjäckchen gab's sprachlich plumpen Verwechslungsklamauk der Marke „Hier lacht das Volk“. Eine uninspirierte Aneinanderreihung von Ist-das-nicht- lustig-Plattitüden, als hätte sich Willi Millowitsch an Monty Python versucht. Und wenn man schon der Meinung ist, eine Figur (hier „Hermine“ geheißen) wirke besonders komisch, wenn man sie Karikatur-Kohlenpöttisch sprechen läßt („Wie isch jerade dat böhmische Glas am Einpacken bin...“), dann könnte man doch wenigstens dafür Sorge tragen, daß sie nicht zwischenzeitlich sätzelang in akzentfreies Hochdeutsch verfällt. Um nicht ungerecht zu sein: Die Einrichtung aus Kaufhaus-Barock und Cocktail-Sessel war recht hübsch. Aber davon wird ja nach Einzug der Neuen wohl nichts bleiben. Und daß der Yorkshire- Terrier „Hasso“ heißt, war lustig. Und hätten die anderen so wenig Text gehabt wie er, wäre das Ganze ja vielleicht noch erträglich gewesen.
Aber noch haben wir ja unsere Goldigen aus Übersee. Und von dort kommt frohe Kunde: Zwar sind in den USA die letzten Folgen längst über den Schirm gegangen, aber nach heftigen Zuschauerprotesten hat NBC-Konkurrent CBS eine Serie ins Leben gerufen, bei der immerhin drei von ihnen mit von der Partei sind. Aber bis das über unsere Schirme flimmert, wird es wohl noch eine Weile dauern. Und daß Hermine, Rotraut und Susanne zu einer Form auflaufen werden, die uns über die Wartezeit hinwegtrösten könnte, scheint nach diesem verkorksten Debüt fraglich.
Reinhard Lüke
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