: Blendende Zahlen und kranker Wald
■ Waldschadensbericht: Keine Verbesserung gegenüber vergangenem Jahr/ Nur in der Statistik sehen die Bäume besser aus/ Förster erwarten auf Grund des extrem trockenen Sommers für 1993 „nichts Gutes“
Berlin. Zahlen kann man nicht immer glauben. Vor dem diesjährigen Waldschadensbericht warnte Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) gestern aber regelrecht. Gegenüber 1991 würden die Ergebnisse wie eine Entwarnung klingen, „das ist aber vollkommen unbegründet“. Dem Wald mache die Luftverschmutzung unvermindert zu schaffen, außer bei der Kiefer hätten die Schäden aller anderen Baumarten „mehr oder weniger stark“ zugenommen. Die Kiefer reagiere auf die extreme Trockenheit dieses Sommers erst mit einem Jahr Verspätung. Statistisch seien auf knapp über einem Drittel der Berliner Waldfläche von 15.800 Hektar keine Schadsymptome zu erkennen, berichtete er gestern zusammen mit dem Umweltsenator Elmar Kilz, Waldschadensbeauftragter der Berliner Forsten.
Die Hälfte der Fläche sei leicht geschädigt, mehr als jeder siebte Baum sei deutlich von Umweltbelastungen gezeichnet – bis hin zum Absterben. Hassemer wies darauf hin, daß durch ein vereinheitlichtes Verfahren die Ergebnisse dieses Jahres „beeinflußt“ seien. Daß die Zahlen für die Kiefer günstiger ausfallen, liege allein an den neuen Erfassungskriterien.
Von der Luftverschmutzung sind besonders stark die Buche und die Eiche betroffen. Die Buche habe dieses Jahr „stark reagiert“ und verliere vielerorts ihre Blätter zu früh, sagte Kilz. Bei der Eiche seien übermäßig viele sogenannte Astabsprünge und taube Eicheln festgestellt worden. Vor allem Bäume über 60 Jahre wiesen nach wie vor große Schäden auf. Die Zahl von Insekten und Pilzen sei ebenfalls stark angestiegen. Kiefern würden von dem Pilz Hallimasch, dem Kiefernprachtkäfer und dem Waldgärtner angefallen. Ein milder Winter würde dem Insektenbestand „nicht aktiv entgegenwirken“.
Der Umweltsenator betonte bei seiner gestrigen Tour mit Forstleuten und Journalisten durch den Grunewald, daß in der Luftreinhaltepolitik durch verbesserte Filtertechnik in Großkraftwerken deutliche Erfolge zu vermelden seien. Schwefeldioxid, das „sauren Regen“ verursacht, sei stark zurückgegangen. Stickstoffdioxid, vor allem vom Auto- und Lastwagenverkehr produziert, sei „die zentrale Problematik“. Deshalb müßten schadstoffarme Autos bevorzugt und das Netz des öffentlichen Nahverkehrs „in den Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit“ ausgebaut werden. Das Waldgesundheitsprogramm, das nach zehn Jahren 1993 endet, müsse verlängert werden. Es sei allerdings nicht einfach, den Finanzsenator von der jährlich aufzuwenden eine Million Mark zu überzeugen. Dirk Wildt
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