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Giampiero Neri

In rund 15 Jahren hat Giampiero Neri drei schmale Gedichtbände veröffentlicht: „L'aspetto occidentale del vestito“ (Der westliche Anschein der Bekleidung, 1976), „Liceo“ (Lyzeum, 1986) und „Dallo stesso luogo“ (Aus demselben Ort, 1992). Insgesamt weniger als hundert Seiten, Kondensat eines poetischen Schaffens, das 1965 mit dem Druck der ersten Gedichte in der Zeitschrift Il Corpo begonnen hatte. Der 1927 in Erba geborene, heute in Mailand lebende Dichter will wenig veröffentlichen. Doch ist er trotz seiner bewußten Zurückgezogenheit über die Jahre zu einer Leitfigur für jüngere italienische Lyriker geworden. Seine Verse sind meist Prosagedichte, karg und lakonisch. Sie fassen einen Gegenstand, einen Raum in eine kurze Notiz, Geschehen werden transkribiert und festgehalten. Das Wort ist immer nah am Objekt, steht und fällt gleichsam mit ihm. Der Waldkauz in dem Gedicht „Jahreszeiten“ oder der „Süßwasserfisch“ Lavarello belegen diese Haltung, die, aller rhetorischen Überfrachtung abhold, näher am amerikanischen Dinggedicht als an einem Gutteil heutiger italienischer Dichtung ist. Andere Themen sind die Wege der Erinnerung, die Vergangenheit, die wiederkehrt. „Straordinaria antichissima città quadrata“ – diese Zeile war es, die mich als erste für Neri gefangennahm, ein Modul, um das große Rom einzufangen, von beherrschter Großartigkeit. Neri bezeichnet Ungaretti und, mehr noch, Montale als seine Lehrmeister, die er in seinen Gedichten gern versteckt zitiert. So werden zum Beispiel Montales berühmte Steinmauern zu mit spitzen Glasstücken bewehrtem Beton. Maria Gazetti hat darauf hingewiesen, daß in der zeitgenössischen poetischen Szene Italiens die nackte Poesie Giampiero Neris ein seltenes Beispiel dafür ist, wie mit Wenigstem viel gesagt wird. Neri sage dies Viele, so Gazzetti, „mit leichter Anmut, bei schwachem Licht und mit strenger Klarheit und ist, in diesem Sinne, ein Dichter von geradezu ziviler Diskretion dem Wort gegenüber“.

Alle Gedichte auf dieser Seite sind deutsche Erstveröffentlichungen und wurden von Maria Gazzetti aus dem Italienischen übertragen. Das lyrische Werk liegt in dem 1992 im Verlag Coliseum, Mailand, veröffentlichten Sammelband „Dallo stesso luogo“ vor. Joachim Sartorius

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