: Der Werkzeichner
■ Kunst zum Ausschneiden (12): Donald Judd in der Weserburg
„Klarheit ist elementar für die Kunst“, sagt der Amerikaner Donald Judd, ein Vertreter der minimalistischen Schule. Weniger bekannt ist, daß er seit über 20 Jahren nebenbei als Architekt arbeitet und Möbel entwirft.
Allerdings entwickeln sich auch seine künstlerischen Arbeiten aus einfachen geometrischen Elementarformen, die variiert, kombiniert und seriell wiederholt werden: Die Formen von Platten, Kästen, Würfeln kehren immer wieder. Wie Joseph Albers huldigt er dem Quadrat, aber nicht dem „Terror des rechten Winkels“. Von der Malerei hat sich Judd losgesagt, um sich ausschließlich der Skulptur zu widmen.
Dabei macht Don Judd nur die Planskizzen, die die notwendigsten Angaben enthalten; danach fertigt ein Ingenieur Schemazeichnungen für den ausführenden Fabrikanten an. Der Künstler hat mit der Herstellung weiter nichts zu tun; und schon sowohl bei der Werkzeichnung als auch bei der Wahl des Materials und der Farbe verzichtet er auf jede emotionale Attitüde. Seine Konstruktionen und die präzise Planung erfordern nur noch perfekte Ausführung. Die Arbeiten wollen keine unerklärlichen Bedeutungen transportieren; sie unterwerfen sich ausschließlich dem Material.
Nur mehr durch dessen wahrnehmbare Eigenschaften definiert sich das Kunstwerk. Die Arbeit „Blue Anodized Aluminium“ (1973) in der Weserburg verweist auf diese Präzision und Logik des Denkens. Es handelt sich um eine Skulptur an der Wand, bestehend aus eloxiertem Aluminium. Die faszinierend blaue Oberfläche des Objektes ist matt geschliffen, äußerst delikat und verletzbar. Die Arbeit konzentriert sich nur auf sich selbst, wirkt verschlossen und in sich ruhend.
Die rhythmischen halbrunden Elemente dynamisieren den umgebenden Raum, und das seitlich durch die Fenster einfallende Licht erzeugt sonderbare Spiele zwischen Form und Leerform, Innen- und Außenraum.
Der Blick kann von Licht- zu Schattenzonen wandern, von harten zu weichen Formen, und dabei die vielfältigen Nuancen des Blaus erforschen.
Hier wird das Wahrnehmen selbst zum Thema. Der Betrachter erlebt die ständige Veränderung von Farbe, Positiv- und Negativvolumen — und womöglich sein eigenes Verhältnis zur umgebenden Architektur. Und das ist Judd's Anliegen: „Letztes Ziel ist nicht die Kunst, sondern die Wirkung auf das Leben.“
Don Judd's Arbeiten stellen eine systematische Weiterführung der Ideen z.B. Marcel Duchamps– (Readymades), Josef Albers– („Hommage to the Square“ — Huldigung an das Quadrat) oder Malewitschs dar, zu dessen Schlüsselwerk Judd sagt: „Also dieses schwarze Quadrat erstaunt mich immer noch; ich weiß nicht, wie er darauf gekommen ist.“ Christine Breyhan
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