: Bibliotheken wie Käfige
Debatte in der Bürgerschaft um ■ Notstand an der Hamburger Uni
Der fortdauernde Notstand in der Hamburger Uni war gestern erneut Gegenstand der aktuellen Stunde der Bürgerschaft. „Hamburg kann unmöglich so weiter machen wie bisher“, forderte der Hochschulpolitische Sprecher der CDU, Ulrich Karpen.
Überfüllte Hörsäle, verzögerte Prüfungstermine, Schlangestehen in der Mensa und monatelange Wohnungssuche seien nur einige Kennzeichen des heutigen Studienalltags. Am schlimmsten sei die Situation im Philosophen-Turm, wo Seminare auf dem Flur stattfänden und Bibliotheken einzelner Fachbereiche in käfigähnlichen Räumen von 13 Quadratmetern Größe untergebracht seien.
Darüber hinaus kritisierte Karpen, die Wissenschaftsbehörde habe den Fachbereich Anatomie allein gelassen, als es galt, siebzig Studenten zusätzlich auszubilden, die sich per Gericht eingeklagt hatten. Die Behörde hätte hier kurzfristig drei bis vier neue Stellen schaffen müssen. Auch ging es nicht an, daß die Asbestsanierung des „Bunkers“ der Wirtschaftswissenschaftler über acht Jahre verschleppt werde.
Kritik übte der CDU-Politiker auch an dem „Struktur und Entwicklungskonzept“ (Steko), das die Rahmendaten der Hochschulpoltik bis ins Jahr 2000 festschreibt. Es gehe nicht an, den Bestand des Personals auf den Stand von 1980 einzufrieren, obwohl die Studentenzahlen seither um 70 Prozent gestiegen sind und voraussichtlich auch weiter in die Höhe schnellen werden.
Das Steko sieht unter anderem die Umwandlung von durch Pensionierung freiwerdenden C2-Professuren in Stellen für den wissenschaftlichen Nachwuchs vor. Der Sprecher der SPD, Hans-Joachim Meissner, verteidigte dies als den einzig gangbaren Weg, die Uni selbst in die Verantwortung zu nehmen. Durch zusätzliche Stellen werde nur eine erneute Studenten- Professoren-Spirale in Gang gesetzt.
Das Steko wurde an den Ausschuß für Wissenschaft und Forschung überwiesen. Das Konzil der Hamburger Uni hatte die Drucksache bereits bei seiner letzten Zusammenkunft vor 14 Tagen als diletantisch und unpraktikabel kritisiert, und eine Anhörung in eben diesen Ausschuß verlangt. Kaija Kutter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen