■ Vom Nachttisch geräumt: Wir wollen alles
Um 1670 schrieb Thomas Hobbes seinen „Dialog zwischen einem Philosophen und einem Juristen über das englische Recht“. Wie das ganze Denken Hobbes' kreist auch dieser Text um die Frage des Bürgerkrieges. Ist der Aufstand gegen die überkommene Herrschaft zu legitimieren? Ist es die Niederschlagung des Aufstands? Im „Dialog“ ist, anders als der naive Leser erwarten könnte, der Philosoph der Realist. Der Jurist dagegen ist der Dogmatiker. Ersterer konstatiert: Nicht die Weisheit, sondern die Autorität macht ein Gesetz zum Gesetz. Der Jurist dagegen beruft sich auf Gesetzeskommentare. Für den Philosophen ist es dann nur konsequent, daß die Vernunft des Königs und nicht etwa die der Richter die summa lex ist. Ein Aufstand ist, so gesehen, dann gerechtfertigt, wenn er Erfolg hat. Wenn er eine neue Autorität errichtet. Die „Unterwerfung unter den Eroberer“ schafft Frieden. Wenn sie nicht gelingt, wird ein anderer an seine Stelle treten. Dann gilt dessen Wort. Wichtig ist nur, daß der Bürgerkrieg schnell ein Ende hat, damit die Untertanen wieder ihren Geschäften nachgehen können. Wenn es diese Autorität nicht gibt, wenn niemand da ist, vor dem die anderen kuschen, dann haben alle, da sind sich Jurist und Philosoph einig, ein Recht auf alles. Der Krieg der Begehrlichkeiten eskaliert dann schnell, und aus dem Kampf um diesen und jenen kleinen Vorteil wird der ums große fette Bruttosozialprodukt und im Halsumdrehen ein Bürgerkrieg. Hobbes' Dialog ist eine rabiate Abrechnung mit Lotta Continua.
Thomas Hobbes: „Dialog zwischen einem Philosophen und einem Juristen über das englische Recht“. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Bernard Willms. VDH Acta humaniora, 201 Seiten, 42 DM
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