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Deputation: Akzeptierende Drogenarbeit erhalten

■ Geld nicht für Methadon zweckentfremden

Alle Gelder, die im Haushalt für niedrigschwellige Drogenarbeit vorgesehen sind, müssen in voller Höhe auch für diese Art der Drogenarbeit eingesetzt werden. Dies haben SPD, FDP und Grüne in einem gemeinsamen Antrag in der Sozialdeputation festgeschrieben, und zwar mit Unterstützung der CDU. Die Deputation forderte die Gesundheits-und Sozialsenatorin damit auf, die Verwendung der Haushaltsmittel in diesem Sinne sicherzustellen und in vier Wochen über den Vollzug dieses Beschlusses zu berichten.

Damit kommen Senatorin Irmgard Gaertner und ihre Behörde in eine Zwickmühle bei der Umsetzung des sogenannten Drogensofortprogramms und den Beschlüssen zur Zerschlagung des Drogenstrichs in der Friesenstraße.

Mit Abschaffung des Drogenbusses und des Übernachtungsangebots in der Schmidtstraße sollen die bisher dort eingesetzten Sozialarbeiterinnen nämlich verstärkt Streetwork machen. In der Schmidtstraße soll dabei die Methadonvergabe für sich prostituierende und/oder ausstiegswillige Frauen etabliert werden. Indem die Sozialbehörde diese methadongestützte Strategie als „niedrigschwellig“ bezeichnet, könnten damit Gelder aus der bisher völlig anders definierten niedrigschwelligen Sozialarbeit ins zusätzlich versprochene Methadonprogramm umgelenkt werden. Dies wollten die Deputierten mit ihrem Koalitionsantrag verhindern.

„Methadonvergabe hat nicht den Charakter niedrigschwelliger Drogenarbeit und darf, um ihren Erfolg nicht zu gefährden, nicht in den gleichen Räumen oder in räumlicher Nähe der niedrigschwelligen Hilfs-und Beratungsangebote stattfinden“, betonen die Sozialpolitikerinnen. Akzeptierende Drogenarbeit, die gerade bei drogenabhängigen Frauen zur Stabilisierung beiträgt, bevor die Frauen über Ausstieg und Therapie nachdenken, sei in Bremen zu einem anerkannten Bestandteil der Drogenpolitik geworden. Sie gelte es zu erhalten und nicht auf kaltem Wege abzuschaffen.

Unterdessen berichten die Sozialarbeiterinnen von ersten Folgen der Zerschlagung des Drogenstrichs und der Schließung des Übernachtungsangebots. Die Frauen seien kaum noch zu erreichen. Viele wüßten, da sie nur nachts „auf der Szene“ sind, kaum von den Tagesangeboten. Deshalb ging der AK-Drogen gestern abend mit Suppe und Kondomen zum Ziegenmarkt, um die Frauen anzusprechen.

Zwei Angebote werden ihnen zur Zeit gemacht: Kaffeetrinken und Wundversorgung jeden Mittwoch von 16 bis 20 Uhr im Haus in der Schmidtstraße, und ab nächster Woche freitags von 16 bis 18 Uhr Infonachmittage zur Methadonvergabe und Beratung im Kontaktladen des AK-Drogen in der Weberstraße. Nach Auskunft einiger Sozialarbeiterinnen sind die Frauen vom Drogenstrich durch die Polizeikontrollen viel vereinzelter als vorher. Viele berichten von zunehmender Gewalt der Freier. Zwei Männer hätten sich als Kripobeamte ausgegeben, um die Frauen so in Nebenstraßen zu locken und „auszunehmen.“ ra

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