Verlierer und Gewinner im Treibhaus

■ Klimabedingte Ernterückgänge bedrohen die Dritte Welt/ Verursacher im Norden profitieren vom Treibhaus

Berlin (taz) – Für Simbabwe hatte der vergangene Sommer verheerende Folgen: die Sonne verbrannte die Saatpflanzen, die Farmer mußten ihr Vieh notschlachten, und am Ende überzog eine Hungersnot das Land.

Wenn die Wissenschaftler der Environmental Change Unit (ECU) in Oxford recht behalten, war dies nur der Anfang vom Niedergang der ehemaligen Kornkammer Afrikas. Nach ihren Berechnungen werden die Farmer in Simbabwe im Jahr 2050 um 20 Prozent geringere Ernten einfahren, wenn die Temperatur weltweit um ein bis zwei Grad ansteigt. Dies trifft ein Land, in dem schon heute ein Fünftel der zur Ernährung notwenigen Nahrungsmittel fehlen. Als Folge der in der ECU-Studie „Climate Change and Vulnerable Places“ prognostizierten Ernteeinbrüche werden den Menschen in Simbabwe dann nur noch 60 bis 70 Prozent des notwendigen Kalorienbedarfs zur Verfügung stehen.

Der absehbare Niedergang Simbabwes, so stellen die Wissenschaftler klar, ist allerdings nicht hausgemacht, sondern vor allem auf Emissionen der reichen Nordhalbkugel zurückzuführen, die für den Treibhauseffekt verantwortlich sind.

Nicht besser als für Simbabwe sind die ECU-Vorhersagen für den Senegal. In dem westafrikanischen Staat kann die landwirtschaftliche Produktion bereits seit Mitte der 80er Jahre nicht mehr mit dem Bevölkerungswachstum mithalten. Durch Klimaveränderungen werden in Zukunft zwei bis drei Millionen Bauern um die Möglichkeit gebracht, Ackerbau zu betreiben. In drei von vier Landesteilen droht der Landwirtschaft sogar das völlige Aus. Ähnliche Folgen der Trockenheit sind auch am anderen Ende der Welt in der untersuchten chilenischen Provinz Norte Chico zu befürchten.

Daß Klimaveränderungen regional unterschiedliche Auswirkungen haben können, zeigt jedoch das Beispiel Kenia. Hier werden vor allem Hirten und Kleinbauern in den Steppengegenden betroffen sein. Hingegen kann die Landwirtschaft im kühleren Hochland mit einem Erntezuwachs rechnen. Eine gewisse Entschärfung der Situation in den untersuchten Ländern könnte der Wechsel zu neuen Anbaumethoden und -produkten bringen, meinen die britischen Wissenschaftler. Sie empfehlen den Bauern in Simbabwe Hirse, Sonnenblumen und neue Maissorten. Diese Pflanzen sind gegen Hitze und Trockenheit resistenter als der dort bislang angebaute Weizen.

Vielerorts werden zumindest künstliche Bewässerungssysteme nötig sein, um dem Boden noch Ernten abzuringen. Die jedoch bringen negative Begleiterscheinungen mit sich, etwa eine Bodenversalzung infolge verstärkter Abschöpfung der ohnehin knappen Wasserressourcen.

Mit Anpassung allein ist die Landwirtschaft der betroffenen Länder aber nicht zu retten. Die vorgeschlagenen Anpassungsstrategien haben nur dann eine Chance, wenn sich der Temperaturanstieg auf höchstens zwei Grad begrenzen läßt, schreiben die Oxforder Wissenschaftler. Darauf besteht laut ECU allerdings wenig Hoffnung.

In einer weiteren, im Auftrag der US-Umweltbehörde EPA erstellten Studie („Climate Change and World Food Supply“), rechnen die Oxforder auch die Folgen eines um fast fünf Grad wärmeren Weltklimas durch. In diesem Fall, so das Ergebnis, würde die Getreideproduktion in der Dritten Welt mit oder ohne Anpassung um 9 bis 11 Prozent niedriger ausfallen und der Getreidepreis um 25 bis 150 Prozent in die Höhe klettern. Zu viel für den ärmsten Teil der Weltbevölkerung: 60 bis 360 Millionen Menschen droht dann der Hungertod, weil sie sich selbst billige Nahrungsmittel nicht mehr leisten können.

Während das Treibhausklima für Afrika, Lateinamerika und den Südwesten Asiens zu einer Plage wird, dürften andere Weltregionen nach den Untersuchungen sogar noch davon profitieren. Mehr frostfreie Tage und eine Erweiterung der Anbaugrenze um einige hundert Kilometer nordwärts bescheren vor allem Nordamerika und Europa ein Ernteplus von bis zu elf Prozent. Udo Bünnagel