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„Deutsche Frauen gelten in Japan als fleißig“

■ Seit vier Jahren ist Mechthild (34, Japanologin) mit dem Japaner Akira (40, Manager) verheiratet. Sie leben mit ihrem Sohn Jun (3) in Frankfurt/Main

taz: Wie war die Reaktion Ihrer Eltern, als Sie den Wunsch äußerten, einen Ausländer zu heiraten?

Mechthild: Am Anfang waren sie entsetzt. „Tu mir das nicht an“, sagte meine Mutter. Zum Teil äußerte sie sich sehr rassistisch. Doch daran möchte ich mich nicht mehr erinnern. Mein Vater argumentierte ganz rational. Er sagte: „Ihr kommt aus zwei ganz verschiedenen Kulturen, das wird immer Schwierigkeiten geben.“ Diese Bedenken haben mich verunsichert.

Wie wurden Sie damit fertig?

Ich habe großes Vertrauen zu Akira. Und ich war und bin mir sicher, mit ihm zusammenzubleiben. Als meine Eltern dies spürten, schwenkten sie um. Mit Feuereifer hatte dann meine Mutter die Hochzeit organisiert.

Akira, wie waren die Reaktionen Ihrer Eltern?

Meine Mutter war gleich einverstanden. Denn deutsche Frauen gelten in Japan als fleißig. Als ich meinem Vater von den Heiratsplänen erzählte, sagt er er nur knapp: „Ach so.“ Damit war für ihn die Sache erledigt.

Was reizte Sie an Akira?

Andere Länder und Kulturen haben mich schon immer interessiert. Und es war die Lust, etwas völlig Neues wie zum Beispiel eine exotische Sprache kennenzulernen. Ein Partner aus einem anderen Land ist eine Bereicherung. Trotzdem sind wir ein normales Paar.

Wo gibt es Unterschiede?

Mechthild: Japaner diskutieren nicht. Streiten ist für sie völlig uninteressant. Das macht mir sehr zu schaffen, da ich mich gerne unterhalte und alles bis ins kleinste analysiere. Das ist sehr anstrengend für meinen Mann.

Wie ist das bei Ihnen, Akira?

Mechthild ist sehr viel selbstbewußter und stärker als Japanerinnen. Wenn wir diskutieren oder streiten, halte ich mich zurück. Ich mag nicht soviel reden.

Mechthild: In Japan wird mehr auf die Mimik und die Bewegungen geachtet. Wichtig ist die Atmosphäre, die jemand verströmt.

Sie waren für eineinhalb Jahre in Japan. Was hatten Sie für Eindrücke?

Ich hatte befürchtet, mein Mann ist anders als hier. Das war nicht so. Jedoch war in Japan mein Mann derjenige, der für uns redete und organisierte. Es ist wichtig, in das Land des künftigen Ehemannes zu gehen, um zu sehen, wo er herkommt. Und auch um einschätzen zu können, wie es für ihn ist, wenn er in Deutschland lebt. Am Anfang kam ich in Japan nicht damit zurecht, so auffällig zu sein. Doch man war sehr freundlich zu mir. Die Unterschiede sind nicht groß. Japan ist auch ein Industrieland.

Akira, werden Sie hier auch so freundlich behandelt?

Im Gegenteil. Ich glaube, jeder Ausländer macht schlechte Erfahrungen in Deutschland. Es ist hier typisch, daß Ausländer von oben herab behandelt werden.

Mechthild, gibt es sexistische Übergriffe?

Erstaunlicherweise wenig. Ich erinnere mich nur an ein Erlebnis vor Jahren. Als eine Frau auf der Straße mir so etwas wie „Hast du das nötig?“ zuraunte. Es kommt wohl auch darauf an, aus welchem Land der Partner kommt. Japaner gelten als Ausländer erster Klasse. Hinzu kommt, wie man sich präsentiert. Ich glaube, die Leute spüren, daß ich mich wehren kann.

Wie ist Ihre Rolle als Frau?

Zur Zeit bin ich hauptsächlich Mutter und Hausfrau. Das habe ich mir nicht ausgesucht, das hat sich so ergeben. In Japan ist es selbstverständlich, daß die Mutter zu Hause bleibt, wenn Kinder da sind. Für mich wäre das nichts.

Wie ist das mit Ihrem Sohn?

Mechthild: Da habe ich immer das Gefühl, ihn verteidigen zu müssen. Gerade dann, wenn die anderen Kinder „Du Japaner“ zu ihm sagen. Wildfremde Leute sprechen ihn an und fragen: „Woher kommt denn dein Papa?“

Welche Sprache sprechen Sie in der Familie?

Mechthild: Unseren Sohn erziehen wir zweisprachig. Mein Mann spricht japanisch und ich deutsch mit ihm. Unsere Familiensprache ist Japanisch. Was auch für das Essen gilt. Da mein Mann oft kocht, essen wir meistens japanisch.

Fühlt sich Ihr Sohn als Japaner oder als Deutscher?

Akira: als Deutscher.

Mechthild: Ich versuche ihm immer zu erklären: „Du bist Deutscher und Japaner.“

Akira: Wenn Jun böse auf mich ist, spricht er deutsch mit mir.

Was geschieht, wenn Sie sich trennen sollten?

Akira: Dann würde Jun bei seiner Mutter bleiben.

Mechthild: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich habe keine Angst, daß Akira das Kind einfach mitnehmen würde.

Sind Sie glücklich?

Akira: Ja. Wenn Mechthild mit einem anderen Japaner verheiratet wäre, würde sie sich langweilen.

Mechthild: Was Akira betrifft, so habe ich bisher keinen anderen Mann – ob Deutscher oder Ausländer – kennengelernt, mit dem ich lieber zusammen wäre. Interview: Barbara Hofmann

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