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Wetten, daß nicht?

■ Arthur Dunkel plant ein fertiges Gatt-Abkommen bis Ende März/ An den Zeitplan glaubt er vermutlich selbst nicht

Genf (taz) – Seit gestern wird unter den Genfer Journalisten wieder gewettet: Beaujolais gegen kalifornischen Rotwein (der in Frankreich schon jetzt so teuer ist, wie es die französischen Weine bei Verhängung der Strafzölle in US- Supermärkten geworden wären). Die Preisfrage: Gibt es das seit Dezember 1990 überfällige Gatt-Abkommen bis Ende März? Der neueste Verhandlungsfahrplan für den „Endspurt“ der „Uruguay“- Runde, den sich Generaldirektor Arthur Dunkel gestern morgen in Genf vom Lenkungsausschuß des „Allgemeinen Zoll- und Handelsausschusses“ einstimmig absegnen ließ, zielt zumindest darauf ab.

Die wegen des Agrarstreits zwischen EG und USA seit Monaten brachliegenden Verhandlungen zwischen den 108 Gatt-Mitgliedsstaaten wurden noch am Nachmittag wieder aufgenommen: über eine Handelsliberalisierung bei Dienstleistungen, Anti-Dumpingmaßnahmen und Regeln, die das Welttextilabkommen ersetzen sollen. Auch im Agrarbereich bleiben nach dem Kompromiß zwischen USA und EG vom letzten Freitag noch viele harte Nüsse zu knacken. Nicht zuletzt wegen der Anfang der Woche wiederholten Weigerung der japanischen Regierung, den heimischen Markt für Reisimporte zu öffnen.

Druck auf den Verhandlungsfahrplan machen die jüngsten Ereignisse in Frankreich. In Genf wird nicht nur unter EG-Unterhändlern davon ausgegangen, daß die Regierung von Premierminister Bérégovoy kein formales Veto gegen den Agrarkompromiß einlegen wird. Ihm geht es wohl mit der parlamentarisch abgesegneten Drohung vor allem darum, die im Kompromiß vereinbarte Bestimmung aufzuweichen, nach der die subventionierten Agrarexporte in sechs Jahren um 21 Prozent reduziert werden müssen.

Einem kompletten Gatt-Abkommen werde die derzeitige sozialistische Regierung in Paris auf keinen Fall die Zustimmung verweigern, wird in Genf kalkuliert: Vor allem wegen des großen Interesses der französischen Wirtschaft an einer Liberalisierung im Dienstleistungsbereich. Von einer sehr viel stärker den Bauern verpflichteten Mitte-Rechts-Regierung nach den Wahlen Ende März/Anfang April erwarten die meisten Teilnehmer jedoch die Ablehnung eines Gatt-Abkommens.

Beim abschließenden Votum in der Runde der 108 Gatt-Mitgliedsstaaten stimmen die zwölf EG- Mitgliedsstaaten individuell ab. Die EG verhandelt zwar, ist aber als solche kein Gatt-Mitglied. Die Genfer Gatt-Juristen prüfen derzeit fieberhaft eine Frage, die gestern selbst Generaldirektor Dunkel nicht beantworten konnte: Ist für die Verabschiedung eines Gatt- Abkommens der Konsens aller 108 Mitgliedstaaten erforderlich oder reicht eine Mehrheit?

Unabhängig davon plant Dunkel, die Grundzüge des Abkommens bis zum Jahresende unter Dach und Fach zu bringen. Im Januar/Februar sollen dann die 108 Gatt-Staaten mit ihren jeweils wichtigsten Handelspartnern vereinbaren, welche Handelsbedingungen sie sich künftig einräumen wollen. In einem letzten Akt müßten diese bilateralen Absprachen abgeglichen und in multilateral verbindlichen Listen zusammengefaßt werden. Noch gerade rechtzeitig vor den Wahlen in Frankreich und mit Bill Clinton im US- Präsidentenamt (der dann ein Verhandlungsmandat vom Kongreß bräuchte) könnte das vollständige Abkommen in Genf verabschiedet werden.

Der taz-Korrespondent wettet zwei Flaschen kalifornischen Weines, daß dies nicht gelingt. Andreas Zumach

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