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Zwei Richter sollen im 218-Verfahren zurücktreten

■ Prominente Frauen sehen Befangenheit

Berlin (dpa/AP/taz) – Eine Woche bevor das Bundesverfassungsgericht über die Fristenregelung verhandeln wird, haben 26 Frauen aus Politik und Gesellschaft gestern in einem offenen Brief gegen zwei der acht Richter protestiert. Beide werden aufgefordert, wegen Befangenheit auf ihr Votum zum §218 zu verzichten. Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Verfassungsrichters Ernst-Wolfgang Böckenförde entstanden durch seine Mitgliedschaft bei der „Juristen-Vereinigung Lebensrecht“ (JVL), aus der er erst 1990 austrat. Sein Kollege Klaus Winter schlug als Berichterstatter des Verfahrens dem Senat als Rechtsgutachter zwei bekannte Abtreibungsgegner vor und sei damit – so der Protest der Frauen – seiner besonderen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Unterzeichnerinnen des Schreibens sind unter anderen Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer, die ÖTV-Vorsitzende Monika Wulf-Mathies, die Schauspielerin Senta Berger, die Schriftstellerin Monika Maron und zahlreiche Frauenministerinnen der Länder.

Bei einer Entscheidung, die direkt in das Leben von Millionen von Frauen eingreife, dürfe nicht der leiseste Zweifel bestehen, „daß jeder einzelne Richter vorurteilsfrei und unvoreingenommen entscheidet“. Brandenburgs Frauenministerin Regine Hildebrandt erläuterte, wenn jetzt erwogen werde, Abtreibungen außerhalb des Strafrechts durch Wegfall von Lohnfortzahlung und Nichtfinanzierung durch die Krankenkassen zu sanktionieren, werde ein Zwei-Klassen-Recht eingeführt. Ärmere Frauen in Not müßten dann wieder „auf Stricknadel und Seifenlauge“ zurückgreifen. Nach dem im Sommer von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten neuen Abtreibungsrecht ist ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten nach Beratung „nicht rechtswidrig“. Seite 5

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