StudentInnen kommen in Bewegung

■ Proteste gegen Kürzungspolitik am Hochschultag der FU: Podium bei der Abschlußdiskussion besetzt / Wissenschaftssenator Manfred Erhardt wurde ausgepfiffen / Aktionswoche bei den Medizinern in Steglitz

Berlin. Beim Hochschultag der Freien Universität protestierten am Mittwoch Studierende gegen die Berliner Kürzungspolitik im Hochschulbereich. Rund 300 StudentInnen besetzten das Podium der Abschlußdiskussion und forderten Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) auf, die Sparvorgaben von 90 Millionen DM zurückzunehmen. Diese werden 1993 an der FU und der Technischen Universität 500 rund Stellen kosten. Am Klinikum Steglitz findet bis heute eine Aktionswoche statt. Die Studierenden wenden sich gegen die Auswirkungen des Gesundheitsstrukturgesetzes, das nächste Woche im Bundestag verabschiedet werden soll und für viele MedizinstudentInnen „faktisch einem Berufsverbot“ gleichkomme. Der Asta der FU ruft zu einer bildungspolitischen Demonstration auf, die jeden Donnerstag vom Wittenbergplatz zum Rathaus Schönberg führen soll.

Am Hochschultag erhob sich während der Abschlußdiskussion ein Drittel der Studierenden im vollbesetzten Audimax, um auf dem Podium in „Seminaratmosphäre“ mit dem Wissenschaftssenator zu diskutieren. Binnen weniger Minuten waren Erhardt und seine Mitdiskutanten von StudentInnen umringt. Auf dem Podium waren der sächsische Wissenschaftsminister Hans-Joachim Meyer, die Uni-Präsidenten Wilhelm Gerlach (FU) und Ulrich Daxner (Oldenburg) sowie die Dekanin des Otto-Suhr-Institutes, Gesine Schwan, als Moderatorin.

Manfred Erhardt erntete minutenlanges Gelächter, als er die Steigerung seines Haushaltes um rund sechs Prozent verkündete. Er wurde ausgepfiffen, weil er sich als „Anwalt der Studenten“ bezeichnete. Ulrich Daxner kritisierte, daß in diesem „immer noch reichen Land“ die Frage entglitten sei, „was uns Wissenschaft und Bildung für die eigene Zukunft wert ist“. Zu den Studierenden meinte Daxner, sie müßten „ein begrenztes Bündnis“ mit der Politik eingehen. Voraussetzung dafür sei, daß der Bund seinen in den letzten Jahren aufgelaufenen finanziellen Fehlbedarf decke. Dies müßten nach Meinung der Kultusministerkonferenz etwa 3 bis 4 Milliarden Mark zusätzlich pro Jahr aus der Bundeskasse sein.

FU-Präsident Wilhelm Gerlach sagte, die Studentenzahlen hätten sich mehr als verdoppelt, gleichzeitig seien aber die Zahlen der Lehrenden fast nicht gestiegen. Der Politikprofessor Peter Grottian forderte Erhardt auf, die Verwendung seines Haushaltes offenzulegen: „Erzählen Sie doch mal, welche goldenen Badewannen Sie den Professoren in der Medizin der Humboldt-Uni hinstellen.“

Die StudentInnen verließen vor Ende der Veranstaltung das Podium und zogen zum Teil aus dem Audimax aus. Der Wissenschaftssenator lasse sich nicht überzeugen, sagte Carsten Schymik vom Asta auf einer parallel veranstalteten Pressekonferenz. Er forderte die Rücknahme der Kürzungen und die Anpassung des Etats an die tatsächlichen StudentInnenzahlen. cif