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Chez Tonmops

■ Neu in der Neustadt: "Am Deich 68", das ganz andere Bistro

Chez Tonmops

Neu in der Neustadt: „Am Deich 68“, das ganz andere Bistro

„Halt, halt, die sollten mir doch zeigen, wie man ein Faß ansticht, die Pfeifen!“ Henner rennt hinter den Jungs vom Bierverlag her, die soeben die allerersten Fässer mit Warsteiner und Köpi reingerollt haben. Henner Reichel (43) ist der neue Wirt des neuen Bistros im KünstlerHaus am Deich, just vis- a-vis der Weserburg, auf dem Neustädter Weserufer. Bis vor einem halben Jahr wußte Henner von seiner Bestimmung als Gastronom noch nichts. Eigentlich ist er nämlich „Tonmops“, Tontechniker, der z.B. mit Hardy Krüger um die Welt zog. Doch jetzt zieht er an gewöhnungsbedürftigem Ort eine Restauration hoch, die in Bremen ihresgleichen sucht.

Die Devise: alles etwas anders, nichts aufdringlich. Z.B. Weintrinken: Die Pulle kommt in einen Köcher aus Gummi (!) am Tisch, eine Art Sektkühler, man bedient sich. Abgerechnet wird nach Augenschein. Z.B. Koch Roland (Ex- Grashoff, Ex-Das-Kleine-Lokal, Ex-Topas): er schreibt die Speisekarte wöchentlich neu und selbst. Z.B. Stühle: es gibt zwei Sorten, für breite und für schmale Hintern (eine Sorte wurde vom Lokalpoeten Ali Alberts bereits mit positivem Ausgang probegesessen).

Überhaupt die Stühle! Henner „Weltbürger“ Reichel hat sie bei einem Maharadscha in Indien ent

hier kneipe innen

deckt und in England besorgt. Die Marke Lloyd of Loom ist schon Denkmal, die ersten industriell gefertigten Stühle, aus umwickeltem und verwebtem Draht gebaut.

Und das Design? So soll es sein! Reduziert bis zur Nichtwahrnehmbarkeit, aber ausgeklügelt. Der Raum atmet Ruhe, Frische, Kontemplation, das kommt einem japanisch vor, Holz, das nicht hölzern wirkt, billigstes Kunstglas, das edel wirkt, eine Theke in Schwarz und Lachs, Tische mit „schwebender“ Tischplatte. Die geräuschdämmende Akustikdecke ist unverkleidet, unverkleidet sind die Halogenlämpchen, die Wandleuchten sind nackte Glühbirnen mit einem Plastikstück davor. Arte povera, die alles andere als billig wirkt: Uwe Jens und Robert Bücking (Designbüro im Hause), zeichnen verantwortlich.

Neben Henner am Tresen steht Maggie (35), die man vom Schauburg-Cafe kennt. Dort hatte der Chef auch mal Aktien drin. Die Investitionen von rund 150.000 Mark fallen allerdings nicht beim Stundenlohn eines Tonmopses ab. „Gute Freunde“ haben's vorgestreckt. Und wer soll kommen? Natürlich Künstler und Vernissagepublikum. Natürlich die Neustädter, die zum kleinen Edelessen bisher über die Weser mußten. Und die Ostertorschen, denen es im Medoc zu voll ist. Die Senatorin Gaertner, die auf dem Teerhof residiert, wird hier das Methadonprogramm vergessen können. Und Nobbi Kentrup, wenn er die darstellenden leid ist, wird sich hier bei den bildenden Künstler erholen können.

Ach ja, der Name! „Am Deich 68“ heißt das Kind, das man sicher nicht seines Namens wegen besuchen wird. Doch von der tageszeitung lernt man, daß Liebe vor nichts zurückschreckt. Immerhin versteckt sich in „Am Deich 68“ ein Hinweis auf seine Väter: gute alte 68er. Bus

Eröffnung Samstag 20 Uhr

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