"Man muß Irritation kalkulieren!"

■ Daisy Chainsaw: Mit Krachpop in die Charts / Heute Doppelkonzert mit Dead Moon

INTERVIEW

»Man muß Irritation kalkulieren!«

Daisy Chainsaw: Mit Krachpop in die Charts/Heute Doppelkonzert mit Dead Moon

Katie Gartside ist die 24jährige Sängerin der neuen britischen Pop-Hoffnung „Daisy Chainsaw“. Ihr Gesangsstil ist einzigartig: Gartside gluckst wie von Sinnen und läßt Silben im Kehlkopf überkandideln. Wie wenn jemand in regressiven Momenten seine Talente zur Nachahmung der Laute von Marsmenschen entdeckt hätte. Die manchen Journalisten vorgeworfene Adjektiv-Häufung führt Gartside dialektisch und poetisch auf eine Spitze, wenn sie in ihrem ersten selbstverfaßten Text von einer „lovely, ugly, brutal world“ singt. Gitarrist Crispin Gray liefert sonst die Stückideen und hat sich aus lauter Engagement während der Aufnahmen zur Debut-CD „Eleventeen“ das Bein gebrochen, weswegen Gartside - sehr ätherisch - die Interviews bestreitet. Interpretationsversuchen begegnet sie mit unverbindlichen Statements und einer Reihe unvollendeter Sätze. Kristof Schreuf bemühte sich um konstruktive Ergänzungen.

Dein Gesang prägt den Stil eures Quartetts. Wie ist deine Position innerhalb der Band?

Ich komme immer zu spät, was manchmal zu kleinen Entgleisungen während der Aufnahmen geführt hat. Grundsätzlich verhalte ich mich den anderen gegenüber loyal. Im Augenblick scheine ich für sie eher Streß zu bedeuten, als daß ich ihnen durch meinen Überblick auffalle.

Bei Anhören solcher Stücke wie „Dogs With Sharped Teeth“, „Love Your Money“ oder auch „Lovely, Ugly, Brutal World“ nehme ich an, daß euch an einer Konzeptplatte gelegen war. Ist „Eleventeen“ angelegt als anti-kapitalistische Stellungnahme?

Ganz sicher. Wir nahmen „Love Your Money“ auf und hielten den Song für eine kleine, böse Angelegenheit. Die Perversion begann, nachdem das Stück in die Top Twenty aufstieg und die Leute auf Konzerten trotz des entmutigenden Textes sich gegenseitig verrückt machten. Unbeschreiblich, was seitdem über uns hereingebrochen ist. Crispin liegt unter anderem deshalb im Krankenhaus, damit er Ruhe hat.

Neulich hat mir jemand erzählt, er wolle mit seiner Arbeit „verwirren“, beziehungsweise „das Licht des Gegners verdunkeln“. Habt ihr mit so einem Konzept Probleme?

Das Problem stellt sich eher umgekehrt: Wie kann man etwas so eindeutig sagen, daß es nicht auf Mißverständnisse stößt? Die Irritation kann man nicht ausschließen und nicht provozieren, man muß vielmehr mit der Irritation kalkulieren. Kristof Schreuf

Markthalle, 21 Uhr