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Anspruch oder Bedürfnis?

■ Neuer Streit um Arbeitslosenhilfe

Um die Nachzahlung von Arbeitslosenhilfe für die Jahre 1989 bis 1991 dreht sich ein Rechtsstreit vor dem Bremer Sozialgericht. Zwei Arbeitsloseninitiativen und der Bremer Rechtsanwalt Bernd Rasehorn wollen, daß Arbeitslosenhilfeempfängern für die beiden Jahre Geld nachgezahlt wird. Denn in diesen beiden Jahren galt ein Bewilligungsmodus, der bei der Berechnung die Einkommen von Verwandten berücksichtigte. Das ist rechtswidrig, stellte das Bundessozialgericht im Oktober 1991 fest. Trotzdem weigert sich das Arbeitsamt, das fehlende Geld nachzuzahlen.

„Die Situation ist rechtlich so kompliziert, daß ein Arbeitsloser kaum noch durchblickt“, sagt Berndt Korten vom Arbeitslosenzentrum Tenever. Es sei deshalb nur billig, wenn alle Arbeitslosenhilfe-Empfänger in den Genuß der Nachzahlung kommen. Rechtsanwalt Bernd Rasehorn vertritt jetzt einen Mandanten vor dem Bremer Sozialgericht, dem wegen dieser säumigen Nachzahlung etwa 2.500 Mark flöten gehen. „Das Arbeitsamt dreht die Rechtslage immer so, daß die Arbeitslosen den nächsten Schritt unternehmen müssen“, klagt er. Das sei so nicht hinnehmbar, weil die „jahrelang rechtswidrig erstellten Bescheide ausschließlich auf das Versäumnis des Arbeitsamtes“ zurückzuführen seien. Nach Schätzungen der Arbeitslosen-Initiativen sind in Bremen mindestens 2.000 Antragsteller davon betroffen.

Das Bremer Arbeitsamt erklärte dazu, daß es nur dann Nachzahlungen bewillige, „wenn dem Antragsteller durch die Differenz Vermögensdispositionen (= Schulden oder Sozialhilfe auf Darlehen, d. Red.) entstanden sind“, erklärte Hans-Lüder Pohls, Abschnittsleiter der Leistungsabteilung. Die Arbeitslosen sind in der Nachweispflicht, Die Gewährung von Arbeitslosen sei abhängig von der Bedürftigkeit des Antragstellers. Wer ohne die höhere Arbeitslosenhilfe ausgekommen sei, habe so keinen Anspruch auf Nachzahlung. mad

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