■ Press-Schlag: Becker: faustisch oder auf PDS-Kurs?!
Ich kann mich inzwischen nur noch mit sehr wenigen Firmen identifizieren.(Boris Becker '92)
Soldaten sind potentielle Mörder – das ist ein bißchen hart, aber nicht ganz falsch.(Boris Becker '90)
Ich verdiene gerne Geld, aber so eine gewisse Form der Naivität möchte man sich doch bewahren.(Boris Becker '92)
Guter Boris, böser Boris. Hat die Hamburger Hafenstraße gelobt und sich dafür autonome Sympathie erworben („Wir brauchen deine Vorderhand, komm runter an den Hafenrand“), hat mit Bild paktiert und sich linke Kritik zugezogen, hat mit dem Schmierblatt spektakulär gebrochen und sich die Gunst der Intellektuellen erworben. Hat den Taumel des vereinigten Deutschland gerügt (Doppelpartner Jelen: „Er spricht wie ein halber Kommunist.“), den Fremdenhaß gegeißelt und hohe Preisgelder. Hat „für Greenpeace und andere wichtige Sachen“ gespendet und gesagt: „Ich würde mich gerne noch mehr engagieren.“
Jetzt ist es soweit. Der Tennisprofi macht den Aufschwung Ost. Kauft die Niederlassung von Daimler- Benz in Stralsund, investiert 20 Millionen Mark an der Ostsee. Kooperiert mit dem größten Rüstungskonzern, der schon immer aus Imagegründen (Pressechef Kleinert: „Wir wollen weg von diesem Bild.“) um sportliche Prominenz buhlte – und nicht nur die Lichtgestalt Beckenbauer mit den Nationalkickern bekommen hat. Und nun: Der Steuer-Monegasse – ein Gefangener der eigenen Gier?
Mag sein. Vielleicht aber ist der „Kosmopolit“ (Becker über Becker) einfach nur sentimental? Erinnert sich wehmütig an seine erste Expedition in die DDR, das Staunen, daß es „dort keine Ampeln“ gab, an die „ergreifenden Szenen“, daß Menschen in kleinen Trabis schliefen vor seinem Domizil.
Mag sein. Vielleicht aber hat sich der Geliebte einer schwarzen Schauspielerin einfach nur von Gysis PDS überzeugen lassen, daß es in Ostdeutschland keine rechtsradikalen Totschläger gibt, sondern allenfalls frustrierte Arbeitslose – Investment als gelebter Antirassismus.
Mag sein. Vielleicht aber denkt der Leimener Leser des „Baader-Meinhof-Komplex“ nur völlig dialektisch. Sagt sich ganz faustisch: Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will, auch wenn sie's nur mit dem Bösen schafft. Hat bei Mao geblättert und entdeckt, daß alle Macht aus den Gewehrläufen kommt – und nur die Frage ist: Wem nutzt es? Hat das Elend in Somalia gesehen und sich überzeugen lassen, daß UN- Ordnung Schaffen ohne Waffen wirklich nicht geht.
Mag sein. Vielleicht aber hat der frischgekürte Tennis- Weltmeister ganz einfach zu sich selbst gefunden: „Ich hab' den Eindruck, daß viele Deutsche im Erfolg einen gewissen Hang zum Überschnappen haben“ (Becker).
Na bitte, wer sagt's denn. Herr Thömmes
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