Noch kein Fischblut

■ Professionelle Begeisterungsführung durch James Brown in der Sporthalle

in der Sporthalle

Für jemanden, der ein schlechtes Konzert nicht von einer schlechten Band unterscheiden kann, mußte am Mittwoch abend der Eindruck entstehen, daß Soul II Soul aus den Vitrinen eines Tanzmuseums entwendet wurden. Nachdem die Band ihres prägnantesten Merkmals, der filigranen Komposition von Rhythmik, durch einen Klangmahlstrom beraubt worden war, der ihr ausdifferenziertes Frequenzspektrum um die belanglosen Mitten bündelte, verloren Band und Publikum schnell die Lust. Der träge Lärm, der über den Rand der Bühne in den Abstellraum für Zuschauer quoll, sollte dem Dancefloor-Goldschmied Jazzie B., der nur sehr selten selbst auf der Bühne blieb, die Lehre vermitteln, daß die Heimstatt seiner Band nicht Monster-Konzerte sind, wo dem Hauptact der optimale Sound allein vorbehalten ist.

Bei der viertelstündigen Präambel von James Browns Band war nämlich umgehend offensichtlich, daß Bässe, Brillanz und Transparenz auch in einem akustischen Friedhof wie der Alsterdorfer Sporthalle erreicht werden können. Die größte Nummer im Soul, Mister James Broooown, weiß auch ansonsten, worauf es ankommt: Eine Show nach dem Las Vegas- Handbuch, viele schöne Damen auf der Bühne, ein ruhiges Händchen beim Gesichtschirurgen und eine erprobte Dramaturgie bei der Stück-Abfolge, die in „Sex Machine“ kulminieren muß. Immer mal wieder ein James-Brown- Tusch, kleine Exkurse über Be-

1Bop- und Big Band-Jazz und längere Soli der Mittelklasse senken den Blutdruck der Zuhörer vor den Mega-Hits des 63-jährigen. Wenn dann „Living In America“, „Papa's Got A Brand New Bag“ oder „It's A Man's World“ anrollen, hat das

1Publikum sich soweit erschlafft, daß es in neue Jubelfontänen ausbrechen kann.

Soviel professionelle Amerikanität erzeugte leider eine gewisse Produkt-Atmosphäre. Zwar bewies die Funk-Maschine, daß noch kein

1Fischblut in ihren Adern fließt, aber eine schwere Vergeßlichkeit beim Vorstellen der Tänzerinnen und der Band legte die Vermutung nahe, daß dies der letzte Auftritt des Godfathers in Deutschland gewesen war. Till Briegleb