: Ein Glückwunsch an die Grünphase
■ Die Ampel hat Geburtstag - Viertel Ortsamtsleiter Dieter Heck zur Zwischenbilanz
Ein Glückwunsch an die Grünphase
Die Ampel hat Geburtstag — Viertel-Ortsamtsleiter Dieter Heck zur Zwischenbilanz
Wie war das doch gleich noch vor einem Jahr?
Die Rede war von „Aufbruchstimmung, Chance für die Zukunft Bremens“, ja sogar von „Signal für die gesamte Republik“! Ökonomie und Ökologie sollten Versöhnung feiern dürfen; ein klares Eintreten für die Schwachen der Gesellschaft war versprochen und Politikelemente mit deutlicher grüner Handschrift.
Lassen wir das Jahr Revue passieren: Verkehrspollitik, klassisches grünes Politikfeld, wie kein anderes geeignet für ebendiese Handschrift. Jedoch, verwundert reibt man sich die Augen, Straßenbauprojekte beschlossen wie in 10 Jahren SPD-Alleingerierung nicht durchsetzbar. Vordringliche Planung für den Autobahnring, aber kein einziger Planer am Radwegekonzept. Rückbau von Straßen, Reduzierung von Verkehr? Verschoben auf St. Nimmerlein oder nach bremischer Leseart: wir haben Gutachten vergeben. Ach, als ob wir keine Erfahrung mit Gutachten hätten, oder gar deren Umsetzung. Aber immerhin, dafür gibt's demnächst mehr Flüge zu erweiterten Betriebszeiten und die Straßenbahn muß die Preise erhöhen.
Eintreten für die Armen, die Alten, die Schwachen und die Beladenen? Ein Abbau von leistungen, wohin man schaut! Paßt wie die Staatsfaust auf's trännende Auge zur spontan eingesprungenen Kehrtwende um 172,7 Grad in der Drogenpolitik, sofern man noch von Politik zu sprechen vermag bei einem derartigem Verlust von Fachlichkeit. Nich mal ein klitzekleines Projekt in der Schmidtstraße für besonders Beladene durfte dabei überleben.
Immerhin hat man im Gegenzug zeitgleich der Frauen-(wo?) und Arbeitssenatorin, die auf Grund mangelnder Übersicht Projekte und Institutionen liquidiert, das Vertrauen ausgesprochen. Fürwar ein bestechendes Verhandlungsergebnis!
Das Wirtschaftsressort dominiert, wie lange nicht mehr, und
hier das foto
von dem mann
mit Händen
hinterm Kopf
fühlt den Rückenwind des millionenschweren Sanierungsprogramms. Zum Ausgleich hat der Häfensenator wenigstens sein CT III Containerterminal für 600 Mio. Investitionssumme bekommen, um nicht ganz abzufallen.
Das Umwelt- und Stadtentwicklungsressort hat seine erste große Bewährungsprobe mit Bravour bestanden und Wohnbauflächen für 1.600 Wohnungen ausgewiesen, mutig gegen eigenes Klientel. Ist doch klar, wo sich die SPD mit Wohnungsbau profilieren muß.
Ansonsten findet in Sachen Stadtentwicklung nicht so ganz viel statt, wenn man von einigen Symposien absieht, Aber halt, beim Müll bewegt es sich - die Gebühren gehen hoch, mindestens für alle, die keinen eigenen Komposthaufen auf dem Balkon anlegen wollen. Und richtig, in einigen Stadtteilen wird getrennt gesammelt, da dürfte es kaum eine Rolle spielen, daß man in Mitte sein Papier nicht los wird, weil die Sammelbehälter tagelang überquellen.
Zum Glück haben wenigstens die Beiräte noch nicht bemerkt, daß der Senat ihnen ihre gesetzlichen und vom Staatsgerichtshof bestätigten Entscheidungsrechte vorenthält seit über einem Jahr. Eigenartig, wie sich der Blickwinkel ändert, das hätte mal zu Zeiten grüner fundamentaldemokratischer Opposition geschehen sollen.
Die Kultursenatorin indes geht sogar forsch noch einen Schritt weiter und beteiligt die Beiräte erst gar nicht. Dafür macht sie jedoch eine gradlinige Politik, die dem hohen musischen Niveau der bildungsbürgerlichen Grünwähler entspricht. Wenn in dieser schönen Stadt noch irgendwas gefehlt hat, war es ein Kammerorchester!
Tja, von Aufbruchstimmung keine Spur, eher von Abbruchstimmung. Chance für Bremen, Signal für die Republik? So rettet Ihr unsere (Um-)Welt nicht! Auch wenn die schwarzrote Drohung gebetsmühlenartig ertönt, ist das kein Grund für eine grüne Identität in Feigenblattform!
So, Ihr Lieben, wenn Ihr jetzt so richtig stinkig seid, ob der unerträglichen Einseitigkeit der Darstellung, recht so! bewahrt Euch den Adrenalinschub für den nächsten Koalitionsausschuß!
Ich wünsche Euch viel mehr Mut, Durchsetzungskraft, Selbstbewußtsein und jede Menge Glück für's zweite Lebensjahr!
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