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Im Jahr 2000 weniger Fluggäste als erwartet

■ Ausbau Schönefelds wird erwarteten Passagierzahlen nicht gerecht/ Verkehrsverwaltung korrigiert Prognose nach unten

Berlin. Engpaß im Luftverkehr: Der geplante Ausbau des Flughafens Schönefeld ist inzwischen so weit reduziert worden, daß der für Berlin erwartete Flugverkehr im Jahr 2000 nicht mehr vollständig bedient werden kann. „Wir werden den Kapazitäten nachrennen“, sagte gestern der Sprecher der Berliner Flughafen GmbH (BFG), Wolf-Dieter Schultze, der taz. Die BFG rechnet mit jährlich 20 Millionen Fluggästen, die Lufthansa AG mit 22 Millionen Passagieren um die Jahrtausendwende. Doch Tegel, Tempelhof und Schönefeld werden im günstigsten Fall nur 18 Millionen Passagiere pro Jahr abfertigen können.

Grund für das drohende Abfertigungsloch von bis zu vier Millionen Fluggästen: Die Berlin-Brandenburger Flughafen Holding (BBF) hat von dem bisherigen Plan Abstand genommen, Schönefelds Kapazitäten auf 18 Millionen Reisende zu erhöhen. Wie Klaus- Peter Stuckert, Abteilungsleiter Verkehr in der Verkehrsverwaltung und Aufsichtsratsmitglied der Schönefelder Flughafen GmbH, mitteilte, soll der Stadtrand-Flughafen bis 1996 nicht weiter ausgebaut werden. Denn die Höhe der Investitionen hinge von dem Standort des geplanten Großflughafens ab. Falle die Entscheidung gegen den Standort Schönefeld, soll dort nicht mehr als eine Milliarde Mark investiert werden. In diesem Fall könne die derzeitige Kapazität von 4,5 Millionen Passagieren nur auf 8,5 Millionen pro Jahr erhöht werden.

Mit einem Engpaß im Flugverkehr rechnet Abteilungsleiter Stuckert aber nicht. Die Schätzung von 20 Millionen Fluggästen für das Jahr 2000 sei zu hoch, der „wirtschaftliche Abschwung“ habe sich bei der Prognose von vor zwei Jahren so nicht abgezeichnet. Stuckert rechnet mit etwa 18 Millionen Passagieren.

Aus gut informierten Kreisen war zu erfahren, daß das Land Brandenburg den ursprünglich geplanten Ausbau von Schönefeld verhindert. Stuckert bestätigte, daß das Nachbarbundesland sich von einem Großflughafen einen enormen Impuls für die regionale Wirtschaft erhofft. Investitionen von über einer Milliarde Mark in Schönefeld würden sich aber nur rentieren, wenn der Flughafen über das Jahr 2004 – der geplanten Eröffnung des neuen Großflughafens – hinaus betrieben werde.

Indirekt kritisierte die Deutsche Bank, die an einer privaten Finanzierung sowohl des Ausbaus von Schönefeld wie des Neubaus eines Großflughafens mit einem Volumen von über 10 Milliarden Mark interessiert ist, die Flughafenpolitik der Holding. Bis zur Inbetriebnahme eines neuen Flughafens werden 15 bis 20 Jahre ins Land gehen, sagte Josef Morgenthal, Direktor in der Abteilung „Corporate Finance“. Das führe zu einem „dringenden Handlungsbedarf“ in Schönefeld. Wenn die politischen Vorgaben aber weiterhin „so diffus“ blieben, würden andere Flugplätze wie beispielsweise Warschau das Rennen machen. Osteuropäische Länder, die den Luftverkehr als Devisenquelle nutzen, „werden nicht darauf warten, was in Berlin passiert“.

Von der Lufthansa war zu dem reduzierten Ausbau Schönefelds keine Stellungnahme zu erhalten. Dem Vernehmen nach hält die AG an ihrer Prognose von 22 Millionen Passagieren im Jahr 2000 fest. Dirk Wildt

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