: Industrieller Kern
KOMMENTAR
Industrieller Kern
Die Stahlkrise hat mit ihrem jüngsten Opfer, den Hamburger Stahlwerken, eine schon längst vergessene Diskussion wieder aufflammen lassen: Welche Industrie braucht Hamburg und wieviel davon?
Anfang der 80er Jahre jammerte der damalige Stadtchef Klaus von Dohnanyi (SPD) noch über die „Unterindustrialisierung“ Hamburgs. Dann kam die Einheit und Hamburg blühte auf: Mit Handel und Dienstleistung. Der industrielle Sektor schrumpft und schrumpft und Hamburg blüht und blüht. Und: Die heraufziehende Rezession geht mit Hamburg gerade deshalb so pfleglich um, weil die Zahl potentieller industrieller Krisenbranchen geschrumpft ist. Vieles von dem, was heute noch da ist, hat Probleme: Philips, Lufthansa, Deutsche Airbus, Stahlwerke.
Wieviel Industrie braucht die Stadt? HSW-Boß Gerd Weiland hat seine Stahlwerke mit städtischer Hilfe zu einem hochproduktiven Unternehmen gemacht, das in Effizienz und Umweltinvestitionen keinen Vergleich scheuen muß. Trotzdem sagt der europäische Markt: Dieses Hamburger Werk ist überflüssig.
Stadtökonomen gebrauchen gerne den Begriff vom „industriellen Kern“, den es unbedingt zu erhalten gebe. Geht es nicht auch kernlos? Muß der Kern gerade ein Stahlwerk sein? Hamburgs IG-Metall-Chef Klaus Mehrens meint: „Hamburg braucht auch industrielle Arbeitsplätze für Menschen mit einer bestimmten Qualifikation.“ Darüber sollte in Hamburg offen und konstruktiv diskutiert und anschließend gehandelt werden. Eine Geheimoperation Stahlwerke aber kann und darf nicht eine Debatte um Industriepolitik und Arbeitsmarktpolitik ersetzen. Florian Marten
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