: JVA: Tode ohne Zusammenhang
■ Anstaltsleiter: Im Knast weniger Drogen als draußen
Die drei Todesfälle in der Bremer Justizvollzugsanstalt Oslebshausen zwischen dem 27. November und dem 16. Dezember stehen nicht miteinander in Verbindung. Zu dieser Einschätzung kam JVA-Leiter Hans-Henning Hoff am Mittwoch nachmittag im Gespräch mit der taz. Hoff räumte aber ein, daß es im Fall des 24jährigen Andreas Sommer* möglicherweise zu Fahrlässigkeiten im Vollzug gekommen ist. Sommer war einen Tag vor seinem Tod aus dem Lazarett der JVA in die Vollzugsgruppe 10 verlegt worden. Obwohl er im Belegungsplan als anwesend vermerkt war, ist seine Zelle am Morgen seines Todes beim Wecken „offenbar vergessen“ worden. Allgemeines Wecken in der JVA ist 6.15 Uhr, der Tote wurde erst um 7.20 Uhr in seiner Zelle entdeckt, „ein reines Versehen“, so Hoff. Derzeit werde der Vorfall bei der Justizvollzugs-Aufsicht untersucht.
Es sei aber unwahrscheinlich, daß ein möglicherweise vorliegendes Versäumnis mit dem Tod Sommers zusammenhänge, erklärte Hoff weiter. Hoff wies zurück, daß der Mann durch fremde Gewalt gestorben ist. Die taz hatte unter Berufung auf zwei Aussagen aus der Umgebung des Häftlings berichtet, daß Sommer Polamidon und das Arzneimittel Diacepan am Abend vor seinem Tod eingenommen hat, möglicherweise nicht freiwillig. Hoff erklärte dazu: „Selbst wenn er beides genommen hat, kann es nicht mehrere Stunden später zu einem Kollaps mit Todesfolge kommen.“ Nach dem Tod Sommers ist es zu Verlegungen von Häftlingen aus der Vollzugsgruppe gekommen, bestätigte Hoff, eine Verbindung mit dem Todesfall könne man nicht ableiten.
Das Ergebnis der Obduktion steht noch aus, ebenso wie in zwei weiteren Todesfällen in der JVA. Ein 29jähriger Mann war in der JVA am letzten Wochenende vermutlich an den Folgen von Drogenmißbrauch gestorben. Die Beamten fanden bei ihm eine Fixer-Ausrüstung. In der Woche zuvor starb ein anderer vermutlich an Herzinfarkt.
Obwohl etwa die Hälfte aller Insassen harte Drogen nehmen, sei das Drogenproblem in der JVA nicht so gravierend wie „draußen“, erklärte Hoff weiter. „Die Leute spritzen hier nicht jeden Tag, sondern nur sporadisch.“ Kein Knast sei drogenfrei, eine totale Kontrolle der Häftlinge widerspreche dem „Vollzugsauftrag“, die Häftlinge an ein „verantwortungsbewußtes Leben heranzuführen.“ Hartmut Krieg, Abteilungsleiter der Justizbehörde für die sozialen Belange im Vollzug: „Es ist makaber, aber die Leute erholen sich hier im Vollzug regelrecht.“ Etwa 80 Prozent aller Häftlinge haben Suchtprobleme. mad/Foto: T.V./* Name geändert
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