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Demokratie wagen

Als 1989 das Beirätegesetz novelliert wurde, da wollten sich alle den Orden der Basisdemokratie an die Brust heften. Daß damals wenig Rechte für die Viertelparlamente herauskamen, wurde damit begründet, daß zu viele Kompetenzen das Ausländerwahlrecht gefährden könnten. Das wurde aber auch mit der demokratischen Schmalspurlösung gekippt. Nur wenige Jahre danach ist auch das noch zu viel. Hinter vorgehaltener Hand gestehen die hartgesottensten Basisdemokraten, wie schrecklich doch die Beiräte seien: Kleinkarierte, bornierte Bonsaiparlamentarier, die den Blick kaum über den nächsten Blumenkübel richten könnten. Und so ganz kann man dieser Darstellung nicht widersprechen.

Die Beiräte sind auch das, was eine bornierte Verwaltung aus ihnen gemacht hat. Und: Sie sind direkt gewählt. Die Wähler erwarten konkretes und kompetentes Handeln. Nach einem Jahr Probezeit, in dem die Beiräte mangels Kompetenz nicht mehr machen durften, als Sandkastenpolitik, die Beiräte de facto abzuschaffen, das ist schon ein komisches Verständnis von Demokratie. Wenn diese Demokratie leben soll, muß sie auch etwas zu beißen haben. Die Wassersuppe, die der Senat jetzt gerne auf den Tisch bringen will, ist eine Beleidigung der Wähler. Jochen Grabler

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