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Ach du liebes Huhn

■ Vorsichtshalber ohne Pause: Brechts „Leben Eduards des Zweiten“ im Schauspielhaus

Der französische Gastregisseur Francois-Michel Pesenti muß geahnt haben, wie es seiner Brecht-Inszenierung in Bremen ergehen würde. Er ließ das „Leben Eduards des Zweiten von England“ ohne Pause spielen. So hatten nur einige am Rand sitzende ZuschauerInnen Gelegenheit, das Schauspielhaus noch während der Aufführung zu verlassen.

Der große Rest enteilte dafür umso schneller nach Ende des Stücks und gönnte den 13 SchauspielerInnen des Bremer Ensembles gerade mal ein paar spärliche Klatscher. Zu kahl war die Bühne, zu spröde die mittelalterliche Story, zu unnahbar der Aufzug in lauter schwarzen Vertreteranzügen mit grau-weißen Krawatten, um dem Premieren-Publikum zu gefallen.

Pesentis Inszenierung des frühen Brecht-Stücks um die Herrschaft und den Sturz des ausgeflippt-brutalen Königs Eduard ist vor allem eine Entscheidung für den Verzicht: Nichts ist ausgeschmückt, kein Szenen-Witz wird eingestreut, die Bühne bleibt so kalt und nackt wie der roh vorgetragene Brecht-Text. Das Stück wird ständig durch Blackouts zerhackt, die den Verzicht noch verstärken, da jedes neue Aufleuchten der Scheinwerfer nur wieder die alte Szenerie enthüllt. Schrille Klänge wie aus der Stimmprobe eines Kettensägenorchesters schneiden ins Ohr wie die resopalgraue Bühnenwand ins Auge.

Soviel Verzicht aufs Theater- Drumherum setzt die DarstellerInnen mächtig in Szene, aber auch mächtig unter Druck. Und dem hält das Bremer Ensemble nicht stand. Da müssen sich die Hauptdarsteller Soeren Langfeld (Eduard) und Dirk Plönissen (Gaveston) hilflos mühen, nacktbrüstig und mit etwas Arschfick und faulem Geknutsche auf brutalschwul zu machen; Marina Matthias als Eduards Ehefrau und Königin Isabella soll die den Männern Ausgelieferte verkörpern, indem sie zu ihrem gar nicht so eindeutigen Text eindeutig Schenkel spreizt und Träger fallen läßt; und der versammelte Adel hat seine rohe Macht vor allem mit theatralischen Gesten und viel Geschrei zu beweisen.

Kein Wunder, daß nach all dem Trubel noch nicht einmal die dramatische Schlußszene beim Publikum ankommt: Ein auf der Bühne ausgesetztes Huhn stiehlt schon mit leistestem Gegurre den sich redlich mühenden Darstellern mühelos die Show.

Auch wenn Brechts Text selber den unbedingten Verzicht auf alle Inszenierung vielleicht sogar vertrüge - zumindest das Bremer Ensemble hat es nicht verdient, so gnadenlos vorgeführt zu werden. 14 Vorstellungen des von Pesenti gründlich zerstörten „Eduard“ stehen im Januar und Februar noch auf dem Spielplan. Daß sie tatsächlich auch vor Publikum stattfinden werden, ist nach der Premiere kaum anzunehmen. Dirk Asendorpf

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