: Kritik an „Horrorlisten“
■ Waigel: Es gibt kein Tabu beim Sparen/ Renate Schmidt: Kälteschock
Bonn (dpa) – Die umstrittenen „Streichlisten“ der Bundesregierung gefährden den Solidarpakt. Nach den Plänen für drastische Sozial-Einsparungen des Bundes wurden am Wochenende auch Bonner Vorschläge für Einschnitte in den Ländern bekannt. In der Opposition und bei den Gewerkschaften formierte sich scharfer Widerstand.
Auch aus der Union war Unmut zu hören. Finanzminister Theo Waigel (CSU) bekräftigte, bei den geplanten Einsparungen für einen Solidarpakt Ost werde es „kein Tabu“ geben. Die zunächst bekanntgewordene erste „Sparliste“ bezeichnete er als unausgewogene Zusammenstellung. Er kündigte ein Gesamtpaket für spätestens Januar an.
Nach den jüngsten Sparvorschlägen des Bundesfinanzministers für die Länder, über die am Wochenende mehrere Zeitungen berichteten, sind drastische Einschnitte in diversen Bereichen vorgesehen – von der Gebührenerhöhung für die Müllabfuhr über die Abschaffung der 13. Jahrgangsstufe an den Schulen und höheren Eintrittspreisen für Museen bis zur Absenkung der Wassertemperatur in öffentlichen Bädern.
Bei zahlreichen Politikern der Union und der SPD stießen die Bonner Sparpläne dagegen auf harsche Kritik. Zu den bundesweit geplanten Kürzungen bei Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und -hilfe, Wohngeld und Kindergeld sagte der Chef der CDU-Sozialausschüsse, Ulf Fink: „Die Horrorsparliste ist nicht nur ein Anschlag gegen unser Sozialsystem. Sie ist eine Politik zu Lasten der Schwächsten.“ Der CSU-Bundestagsabgeordnete Benno Zierer meinte, es sei unfair, an den Schwachen und Alten der Gesellschaft zu sparen.
Für die SPD bekräftigte der stellvertretende Parteivorsitzende Oskar Lafontaine den Widerstand gegen die Streichvorschläge, die er – wie viele seiner Parteigenossen – als „reines Horrorszenario“ bezeichnete. Die SPD-Landesvorsitzende in Bayern, Renate Schmidt, meinte: „Kohl und Waigel haben in vielen einfachen Wohnstuben einen Kälteschock ausgelöst.“ Unter diesen Umständen werde es keinen Solidarpakt geben.
(siehe nebenstehenden Kasten)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen