: Eleganz und Kauzigkeit genial versöhnt
■ Ballett-Premiere von Zwei mal Zwei / Vier Choreografien von Lar Lubovitch und Mats Ek
Vier Choreografien von Lar Lubovitch und Mats Ek
Schlicht, heiter und elegant der eine, verschroben, burschikos und witzig der andere - der Doppelabend mit den beiden Choreografen Lar Lubovitch und Mats Ek in der Staatsoper ermöglichte den Blick auf zwei völlig unterschiedliche Ballett-Konzepte. Während Lubovitch, der ursprünglich Maler gewesen war und erst mit zwanzig Jahren zum Tanz kam, seinen persönlichen Bogenschlag vom Modern Dance zum klassichen Ballett konventionell aber stilsicher in Szene setzt, verarbeitet Ek Einflüsse des zeitgenössischen Tanztheaters und gelangt so zu einer Fühlung von urtümlicher und innovativer Bildsprache.
Seine tempo- und einfallsreichen abstrakten Geschichten, inspiriert aus Mythen, Märchen und Gedichten, lassen Bewegungsmuster aus Slapstick- oder Walt-Disney-Zeichentrickfilmen lebendig werden, schaffen aber auch, wie in dem Pas de Deux Gras, spannungsgeladene Kommunikationen, die sich in einem epileptischen Zornausbruch gegen einen Graskäfig entladen. Weit mehr als Lubovitch, der vom Eiskunstlauf bis zum klassischen Ballett in allen Sparten choreografiert, zeigt Eks Arbeit persönlichen Stil.
Dieser ist oft im positiven Sinne kindlich und spielerisch. In Meinungslose Weiden, eine Uraufführung zu Musik des polnischen Komponisten Henry Mikolaj Górecki und zwei traditionellen schwedischen Volksweisen, setzt er eine kurze poetische Naturbeschreibung in eine absurde Pastorale um, bei der Katze, Schaf und Schwein auch schon einmal die ihnen natürlichen Laute von sich geben dürfen.
Zucken, Zappeln und Arschwakkeln fügen sich lustvoll ein in neugierige Erkundungsspiele und neckische Gebärden, und immer wieder besticht das zögernde Zerbrechen des glatten Ballettflusses das Bedürfnis nach Überraschungen. Tomi Paasonen mit gehäkelter Mickey- Maus-Mütze zelebriert in seinem Solo zu einer Harmonikaweise am brillantesten die Möglichkeiten, Eleganz und Kauzigkeit genial zu versöhnen.
Bettina Beckmann und Gamal Gouda in dem vom Geist der 50er- Jahre-Moderne durchwehten Gras bringen an diesem Abend den nordischen Aberwitz des Gastchoreografen zum Höhepunkt. Ihr vor Spielwitz berstendes Tête-á-tête im Schilfgras zu Klavierstücken von Rachmaninow stellt Pantomimisches neben Expressives und kühle Regie neben erotische Spiele. Kein Ankerwurf in große Seelentiefen, aber ein reiches Gemälde der Phantasie, das viel Applaus fand.
Lar Lubovitch hat dagegen das Epische ganz aus seinen Komposi-
1tionen verbannt und konzentriert sich darauf, genau und unmaniriert zu zeichnen. Leider litten seine Arbeiten unter dem grauenhaften Katzenjammer, den die philharmonischen Streicher bei Mozarts Es- Dur-Sinfonie veranstalteten, und unter der maschinellen Fortbewe-
1gung von Ravels Bolero bei seinem zweiten Stück Fandango.
Sinfonia Concertante läßt drei Gruppen (Quartett, Sextett, Oktett) höfisch inspirierte Feierlichkeiten und geschmeidige Ensemble- Bewegungen ausführen, die gelegentlich an die Abstraktion kineti-
1scher Prozesse erinnern. Fandango, ein Pas de Deux für Emmanuelle Broncin und Anders Hellström, wirkte dagegen in seiner Leidenschaftlichkeit doch oft etwas possierlich und bewegte sich zu selten fort vom Klischee der sexuellen Obsession. Till Briegleb
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