Schwankende Werte zum gleichen Preis

■ Gutachten bescheinigt Sony, zuviel statt zuwenig für Grundstück gezahlt zu haben/ Wirtschaftssenator Meisner rechnet nicht damit, daß die EG Nachforderungen stellt

Berlin. Hat Sony zuviel für sein Gelände am Potsdamer Platz gezahlt? Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man die Stellungnahme hört, mit der der Senat nun die EG- Kommission davon überzeugen will, daß es bei dem Geschäft im Sommer 1991 mit rechten Dingen zuging. Danach beläuft sich der Wert des 31.000 Quadratmeter großen Areals auf 130 Millionen Mark. Zudem erbringt Sony, indem es das Filmhaus Esplanade auf 25 Jahre zu einer Fixmiete von 25 Mark pro Quadratmeter vermietet, eine Leistung von 137 Millionen Mark. Der Kaufpreis, den Sony seinerzeit entrichtet hatte, betrug 101 Millionen Mark.

Die EG-Kontrolleure hatten im Sommer dieses Jahres im Preis von 101 Millionen Mark eine verbotene staatliche Subvention vermutet. Genährt worden war ihr Verdacht durch eine Expertise des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin (GGB), der im August zu dem Ergebnis kam, das Gelände sei 260 Millionen Mark wert gewesen. Wegen der Differenz von 159 Millionen Mark drohte, wie bereits beim Grundstücksgeschäft mit Daimler-Benz, eine stattliche Nachzahlung. Für diesen Fall hatte Sony-Präsident Norio Ohga jedoch bereits Ende November angedroht, daß sich sein Unternehmen aus dem Berlin- Engagement zurückziehen könnte– und damit beim Senat für helle Aufregung gesorgt.

Der gab nach seiner gestrigen Sitzung Entwarnung. Der Gutachterausschuß, so das Ergebnis der neuerlichen Überprüfung, habe bei der Errechnung der 260 Millionen Mark ein unzulässiges Verfahren angewandt. Wie Wirtschaftssenator Norbert Meisner erklärte, habe er zur Wertermittlung elf Vergleichsgrundstücke herangezogen, von denen jedoch in neun Fällen der Verkauf erst nach dem Sony-Deal getätigt wurde. Da die übrigen zwei jedoch alleine nicht zur Berechnung ausreichten, hätte das gleiche Verfahren angewendet werden müssen, mit dem die senatsinterne Verkehrswertermittlungsstelle 1991 die 101 Millionen Mark errechnet habe. Die Differenz zwischen den 101 Millionen Mark vom Sommer 1991 und den 130 Millionen Mark, die nun präsentiert wurden, begründete Meisner mit unterschiedlichen Auf- und Abschlägen.

Den 130 Millionen Mark Grundstückswert stehen nun in der Bilanz neben den 101 Millionen Mark Kaufpreis noch die 137 Millionen Mark entgegen, die Sony in Form langfristiger geldwerter Leistung beim Esplanade erbringt. Damit beträgt die Gesamtleistung des japanischen Konzerns 238 Millionen Mark, denen ein Grundstückswert von 130 Millionen Mark entgegensteht.

Diese neuen Berechnungen werden in den kommenden Tagen den Kontrolleuren in Brüssel vorgelegt. Die Kommission wird voraussichtlich im Januar über das Grundstücksgeschäft mit Sony befinden. Meisner geht bereits jetzt davon aus, daß sich das EG-Verfahren mit den neuen Daten erledigt hat. Dieter Rulff