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Der „Frequenzklau“

■ Entziehungskur für SFB und ORB

Berlin (taz) – Altbundespräsident Walter Scheel soll – so behaupten böse Zungen – des öfteren eingenickt sein. Aber ansonsten verlief die Sitzung des Medienrates Berlin-Brandenburg (MABB) zur Neuordnung der Rundfunklandschaft der Region ohne Zwischenfälle: Ab 1. Mai 1993 muß der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) auf eine Fernsehfrequenz verzichten. Statt dessen kann ein privater Anbieter Kanal 5 belegen. Dieser bislang einmalige „Frequenzklau“ geht auf den Rundfunkstaatsvertrag Berlin/Brandenburg zurück, der den beiden öffentlich-rechtlichen Anstalten ORB und Sender Freies Berlin (SFB) zusammen nur drei (bisher vier) TV-Frequenzen zugesteht.

Gegen den Entzug ließ sich schlecht argumentieren, da das Erste SFB- und ORB-Programm durch die geplante Vollharmonisierung des Vorabends bis auf 15 Minuten für Regionalprogramme ohnehin identisch sein werden. Das viertelstündige Regionalprogramm – so meinte der Medienrat – könnten die Sender doch prima gemeinsam gestalten.

Auch im Hörfunk wurden die Karten neu gemischt. Nicht genug damit, daß die Medienanstalt den öffentlich-rechtlichen Anstalten die TV-Frequenz „wegnehmen“ will, jetzt will sie „auch an unsere Hörfunkfrequenzen heran“, schimpfte SFB-Intendant Lojewski bereits in der vergangenen Woche. Auch hier liefert der Staatsvertrag Begründung. Um private Anbieter mit landesweiten Ketten beglücken zu können, müssen ORB und SFB auf eine Hörfunkfrequenz verzichten. Statt bisher sieben stehen ihnen nur noch sechs Frequenzen zu. Verschärft wird die Lage durch „das Problem“, so MABB-Direktor Hege, „daß der SFB als Berliner Sender über Frequenzen verfügt, die weit ins Land Brandenburg hineinreichen“. Meint, daß der SFB sich schon mal darauf einstellen kann, künftig auf schwächeren Frequenzen zu funken. Die leistungsstarken gehen dann an Private. Neben den drei UKW-Frequenzen für Berlin stehen zwei landesweite Ketten für Brandenburg sowie Stadtfrequenzen für Cottbus, Potsdam, Stadt Brandenburg und eventuell Frankfurt/Oder zur Verfügung. Dabei gibt es am Standort Berlin bereits sechs Privatsender. Ilona Marenbach

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