: Warten im Hotel „Stadt Warschau“
■ Ein neues Buch über die Geschichte der Auswanderung nach New York, die auch die Geschichte des Aufschwungs Bremens ist
1192 fand in der unteren Rathaushalle die Auswanderungsausstellung „Aufbruch in die Fremde“ statt, mit einem Katalog, der die weltweite Emigrationsbewegung dokumentierte. Der Bremer Steintor-Verlag hat ein schönbebildertes Buch herausgebracht, das speziell die Entwicklung der Auswanderung von Bremen und Bremerhaven aus nach New York in den Blick nimmt.
Der Autor Arno Armgort war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Arbeitsemigration“ an der Universität Bremen und Mitorganisator einer Wanderausstellung über die „Geschichte der Auswanderung über die Bremischen Häfen“, die gerade durch Deutschland unterwegs ist. Armgorts Buch „Bremen Bremerhaven New York 1683 — 1960“ ist dementsprechend theoretisch fundiert und zugleich konkret an heimatlichen Einzelgeschehnissen orientiert.
Bremen wäre ohne die Auswanderer niemals zu einer wirtschaftlich bedeutenden Hafenstadt geworden. Menschen, die nicht nur aus Deutschland, sondern aus dem gesamten Osten hier zum Hafen kamen, um ihre Überfahrt ins Gelobte Land Amerika zu organisieren, ersetzten die fehlenden Exportmöglichkeiten, durch die sich Handelsfahrten nach Übersee für Kaufleute erst lohnten. Die Auswanderer waren ein geringes Risiko, weil sie schon vor Antritt der Fahrt zahlten und dadurch Bremen auch als Anlaufhafen für den Handel mit Amerikanischen Artikeln wie Tabak und Baumwolle attraktiv machten. Ohne diesen wirtschaftlichen Faktor wäre auch Bremerhaven mit seinem Wesermündungshafen nicht gegründet worden.
Die anreisenden Auswanderungswilligen brauchten billige Unterkünfte während ihrer oft wochenlangen Wartezeit auf die Abfahrt ihres Schiffes. Oft gab es Ärger zwischen den Wartenden und den Einwohnern. Ab 1852 traf das Nachweisbüro mit Bremer Gastwirten vertragliche Vereinbarungen und wies nur ihren Vertragspartnern noch Gäste zu. 1907 wurden in Findorff die „Auswanderungshallen“ eröffnet, außerdem betrieb derselbe Agent, Missler, auch die beiden größten Auswandererlogierhäuser „Stadt Warschau“ und „Slavisches Haus“. Mit diesen Häusern war endlich das Problem der gesundheitlich gefährlichen Überbelegung von Unterkünften beseitigt.
Arno Armgort verfolgt die Geschichte der Auswanderung über die Bremischen Häfen bis in unser Jahrhundert hinein. Dabei überschlägt er nicht die jüdische Zwangsemigration im Faschismus, über die es zwar weniger Dokumentationsmaterial gibt als über die offiziell registrierten Auswanderungen, für die er aber einige seltene Fotos aus einem kleinen, jetzt aufgelösten Lloyd-Archiv bekam.
CoK
Arno Armgort, Bremen Bremerhaven New York 1683-1960, Steintor Verlag
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