: Handelskammer attackiert Senat
■ Produktionsstandort gefährdet / Zu viel Verkehrsberuhigung und zu wenig Atomkraft
/ Zu viel Verkehrsberuhigung und zu wenig Atomkraft
Attacke von der Rathaus-Rückseite. Die Handelskammer, Sitz in der Börse und normalerweise mit dem jeweils amtierenden Senat nicht nur räumlich in bester Verbindung, wirft der Stadtregierung Versagen in wesentlichen Politikbereichen vor.
Der Senat, so heißt es in einer gestern von der Handelskammer veröffentlichten Studie, betreibe „eine kurzsichtige Verkehrspolitik, eine einseitige Energiepolitik, eine konjunkturschädliche Gewerbesteuerpolitik und eine unzulängliche Stadtentwicklungspolitik“. Versagen gebe es auch im Bereich der Bildungspolitik und bei der Umsetzung der angekündigten Verwaltungsreform. Alles zusammen mache den Industriestandort Hamburg zunehmend unattraktiv.
Anders ausgedrückt: Der Senat macht so ziemlich alles falsch, was falsch zu machen ist. Aus Sicht der Wirtschaft versteht sich. Als Beispiele nennt der Autor der Studie, Handelskammer-Syndicus Herbert Flohr: die Satzungsänderung der HEW zugunsten des Ausstiegs aus der Atomkraft, ein planloses Anlegen von verkehrsberuhigten Zonen, das den Wirtschaftsverkehr behindere, und natürlich die Erhöhung der Gewerbesteuer. Allesamt „Nadelstiche gegen die Industrie“, die den Trend Hamburgs zur Dienstleistungsmetropole unterstützten, den Produktionsstandort Hamburg aber gefährdeten.
Dazu kämen Fehler, die für die gesamte Hamburger Wirtschaft negativ seien. Unter diese Rubrik fallen die „Versäumnisse in der Wohnungsbaupolitik“, denen immer häufiger Neuansiedlungen von Unternehmen zum Opfer fielen. Auch das „Debakel um die Stadtentwicklungsbehörde“ und das ungenügende Herumdoktern an den hochschulpolitischen Problemen.
Verbunden wird die Attacke aus dem Rathaus-Rückraum mit dem üblichen Schwenken der Keule „drohende Arbeitsplatzverluste“: Für verschiedene Groß- und Mittelbetriebe, schreibt die Handelskammer, stelle sich „in den kommenden Jahre die Standortfrage“.
Daß die Klage der Handelskammer nicht auf fruchtlosen Boden fällt, hatte vor einer Woche bereits Wirtschaftssenator Krupp angedeutet. Er hatte in seinem „Ausblick 1993“ angekündigt, daß der Produktionsstandort Hamburg für die Industrie attraktiver gemacht werden solle, da „Dienstleistung und produzierendes Gewerbe einander bedingen“. uex
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