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Schiffbruch für das Staatsschutzkonstrukt

■ Itzehoer Prozeß: Freispruch für Andresen und Gauger zu erwarten / "Zunehmend schwerer Stand" für die Anklage

zu erwarten / »Zunehmend schwerer Stand« für die Anklage

Sensation im Itzehoer Landgerichtsprozeß gegen Knud Andresen und Ralf Gauger: Überraschend kündigte gestern Richter Manfred Selbmann an, daß das Gericht nach dem jetzigen Stand der Beweisaufnahme die beiden Rot-Floristen freisprechen werde. Nach Auffassung Selbmanns habe die Staatsanwältin Heike Roitsch von Almeloe in den nächsten Verhandlungstagen „zunehmend einen schweren Stand zu befürchten“. Selbmann: „Da es schwer vorstellbar ist, daß die Anklagebehörde weitere Beweismittel bringt, muß die Staatsanwaltschaft mit Schwierigkeiten rechnen, in ihrem Anklagebegehren durchzudringen.“

Eigentlich wollte das Gericht erst in der kommenden Woche zu den bisherigen 51. Verhandlungstagen Stellung beziehen. Die Staatsanwaltschaft wirft Gauger und Andresen bekanntlich vor, am 29. Juli 1991 einen Anschlag auf die Zugstrecke Pinneberg-Elmshorn verübt zu haben. Die Anklage lautet auf „Mordversuch“ und „schweren Eingriff in den Schienenverkehr“.

Die Staatsanwältin stützt ihre These auf die Angaben von vier Hamburger Staatsschützern, die die Rot-Floristen im Rahmen einer Observation dabei beobachtet haben wollen, als sie Betonplatten auf die besagten Gleise gelegt haben. Die beiden Rot-Floristen haben diese Vorwürfe stets als „Staatsschutzlügen“ und „Staatsschutzkonstrukt“ zurückgewiesen.

Am gestrigen 51. Verhandlungstag präsentierte die Verteidigung erstmals wichtige Entlastungszeugen: So den Besitzer der Baumschule Strobl, Klaus Sch., an dessen Rosenfeld — 20 Minuten vom Tatort entfernt — sich Gauger und Andresen nach eigenen Angaben um 17.37 Uhr aufgehalten haben, als der „Eilzug 3563“ über ein Hindernis auf den Schienen fuhr.

Andresen war damals auf dem Feld ein VW-Golf mit Würzburger Kennzeichen aufgefallen. Angaben über diese Beobachtung hatte er während der Untersuchungshaft schriftlich festgehalten und notariell hinterlegt. Klaus Sch. bestätigte gestern nun unter Eid, daß gegen 17.30 Uhr tatsächlich Mitarbeiter einer Würzburger Vertragsfirma auf seinem Feld gearbeitet hatten. Das Landgericht wertet diese Aussage als mögliches Alibi, weil die Angeklagten dann nicht zum gleichen Zeitpunkt am entfernten Tatort gewesen sein könnten.

Die Angaben der Belastungszeugen wurden überdies vom Hamburger Postamtmann Diethard K. erschüttert. Die Polizeibeamten hatten einhellig ausgesagt, sie hätten Gauger und Andresen beobachtet, als sie vor ihrer Fahrt nach Pinneberg am Postamt Kaltenkirchener Platz in einem Branchenbuch geblättert hätten. Sie hätten anschließend ein „aufgeschlagenes Branchenbuch Pinneberg vorgefunden“. Diethard K. unter Eid: „Es gibt in der Schalterhalle kein Branchenfernsprechbuch Pinneberg.“

Im Verlauf ihrer Vernehmung waren dem Gericht ohnehin immer mehr Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Staatsschützer gekommen, die immer verkleidet im Zeugenstand erschienen. Mehrfach hatten Beamte Teile ihrer Aussage widerrufen oder korrigieren müssen, waren selbst von ihrem Chef der Falschaussage bezichtigt worden. Kai von Appen

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