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Ein Star, der drei Sätze kann

■ Im Comic Das Gespenst von St. Pauli verspotten Kabarettist Monty Arnold und Zeichner Peter Mrozek die Protagonisten des Schmidt-Theaters

verspotten Kabarettist Monty Arnold

und Zeichner Peter Mrozek die

Protagonisten des Schmidt-Theaters

Die Ähnlichkeit mit den Leuten vom Schmidt-Theater sei „rein zufällig“, behauptet Autor Monty Arnold frech über sein neu erschienenes Comic Das Gespenst von St. Pauli. Eine Menge Zufälle müssen da im Spiel gewesen sein, denn die Hauptpersonen sind unverkennbar die drei Protagonisten des bekannten Hamburger Varietés auf der Reeperbahn.

Im Mittelpunkt der Handlung steht eine Frau, deren Gehirnoperation in der am Universitäts-Krankenhaus Eppendorf gelegenen Praxis des größenwahnsinnigen Dr. Froster mißglückt. Sie hält sich nun zwar nicht mehr für Bizets „Carmen“, beherrscht stattdessen aber nur noch drei Sätze: „Ich wohne am Fischmarkt!“, „Meine Freundin

1heißt Hannelore!“ und „Mein Wellensittich heißt Rotraut!“ Die ehemalige Sekretärin nimmt den falschen Namen Jutta Marlene Warnke an und hat mit ihrem reduzierten Wortschatz riesigen Erfolg auf der Bühne des „Schulz“. So rettet sie das Varieté mit Hilfe von Barney Bernhardt, aber gegen den Widerstand Porky Flippmanns, vor dem finanziellen Ruin. Als sie Fernsehkarriere macht, überschlagen sich die Ereignisse, da jede Menge Neider auftauchen.

Es ist der erste große Comic des Wahlhamburgers Monty Arnold, bisher hauptsächlich von seinen kabarettistischen Bühnenprogrammen und als Moderator einer Filmmusiksendung im NDR-Radio bekannt. Die Zeichnungen stammen aus der

1Feder des Graphikers und Illustrators Peter Mrozek. Von ihm wurden im letzten Jahr bei der Comic auf dem Kiez-Ausstellung einige Seiten ausgestellt. Zusammengebracht wurden die beiden von Andreas Knigge, dem Cheflektor des Hamburger Carlssen Verlages. Aber

1nicht der hat das Buch drucken lassen, sondern der Verlag des Hamburger Buchladens Männerschwarm, der gerade großen Comic-Erfolg mit der Herausgabe von Ralf Königs Bullenklöten hatte.

Das Ergebnis der witzigen Idee, ein Hamburg-Comic über Monty Arnolds Haßliebe, das Schmidt- Theater, zu machen, ist eine im Kern treffende, bitterböse Satire, die mehrfach die Grenze der Gemeinheit überschreitet. Mit etwas Zurückhaltung hätte die Persiflage über das Haus, dem für seine Fernseh-Mitternachtsshow die guten Ideen ausgegangen sind, viel mehr Lesespaß bereiten können. Die gelungenen Zeichnungen von Peter

1Mrozek mit Ortskenntnis, viel Detailwitz und treffenden Karikaturen der gebeutelten Prominenten trösten über die etwas schwachbrüstige Story hinweg: Die Einführung ist schleppend und das turbulente Ende unübersichtlich zerfasert.

Die so verspotteten Künstler haben trotzdem Grund sich zu freuen, dürfte das Comic doch ihren selbstgewählten Status als Kultfiguren des Hamburger Kiezes weiter verstärken. Werner Hinzpeter

Monty Arnold (Text)/Peter Mrozek (Zeichnungen), Das Gespenst von St. Pauli, Sie lebt - sie kriecht - sie tötet (uns den letzten Nerv), Männerschwarm Skript 10, 48 Seiten kartoniert, 13,80 Mark

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