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Gefährlicher Plutoniumstrom als Weltpremiere

■ Mox-Brennelemente für AKW Gundremmingen werden ab heute erörtert

Augsburg (taz) – Für süddeutsche Atomkraftgegner ist das, was im AKW Gundremmingen geplant ist, der „zentrale Konfliktfall der nächsten Jahre“. Die SPD hält den Einsatz von plutoniumhaltigen Brennelementen in dem Atomkraftwerk für einen gefährlichen Irrweg, und die Grünen sehen im bayerisch-schwäbischen Grundremmingen eine weitere „hochgefährliche Variante der Entsorgungslüge“ praktiziert.

Die massive Kritik gilt einer strahlenden Weltpremiere. In Gundremmingen sollen weltweit zum ersten Mal plutoniumhaltige Mischoxid-Brennelemente (MOX-BE) in den beiden großen Siedewasserreaktoren zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Siedewasserreaktoren sind für den neuen gefährlichen Brennstoff, der immerhin etwa fünf Prozent strahlendes Plutonium enthält, bislang nicht zugelassen. Einfacher Grund: In Siedewasserreaktoren wird Wasser von den Brennelementen direkt erhitzt und treibt eine Turbine an, einen absichernden Sekundärkreislauf des Kühlwassers gibt es nicht. Die hessische Landesregierung hat wegen zu großer Risiken auch bei Druckwasserreaktoren den Einsatz von MOX-Stäben abgelehnt.

Die Atomindustrie drängt auf den Einsatz plutoniumhaltiger Brennelemente, weil sonst ihr gesammtes Entsorgungsgebäude zusammenbricht. Bei der Wiederaufarbeitung von Atommüll wird nämlich Plutonium in größeren Mengen separiert. Für den immens langlebigen, strahlenden, hochtoxischen Stoff muß dann eine Verwendung gefunden werden: Mox- Brennelemente eben.

Eigentlich sollte das Genehmigungsverfahren vor zwei Jahren als reine Formsache ganz nebenbei abgehakt werden. Doch die Atomkraftgegner – inzwischen zusammengeschlossen in der Koordinationsgruppe „Schutz vor MOX“ – brachten innerhalb von nur zwei Monaten über 40.000 Einwender auf die Beine. Vor diesem Hintergrund und angesichts der endlosen Probleme im Siemens-Brennelementewerk in Hanau hatte der publicitybewußte bayerische Umweltminister Peter Gauweiler (CSU) zunächst sogar die Notbremse gezogen und das Genehmigungsverfahren ausgesetzt. Die Liste der Einwendungen ist lang. Hauptargument immer wieder: Der Betrieb des Reaktors mit MOX-Elementen sei gefährlicher, weil der Reaktor schwerer zu beherrschen sei. Bei einem Störfall könne weit schädlicheres Radioaktivitätspotential austreten, außerdem sei die Entsorgung des Ultragiftes Plutonium nicht gewährleistet. Das Reaktorgehäuse werde unter dem aggressiven Brennmaterial leiden und Plutonium müßte durch die Republik transportiert werden.

Heute beginnt in der Augsburger Schwabenhalle doch noch die Erörterung. Gauweiler sei von den bayerischen Hardlinern, „von der Atomlobby, weichgeklopft worden“, vermuten die Atomkraftgegner. Die Einwender sehen die AKW-Betreiber in erheblichen Schwierigkeiten, seit sich das Plutonium, das von den Wiederaufbereitungsanlagen in Frankreich und England zurückgenommen werden muß, regelrecht in Zwischenlagern stapele. Ohne Lösung fürs Plutonium keine gesicherte Entsorgung mehr, dann müßten die AKW abgestellt werden. Formeller Grund für Peter Gauweiler, den Erörterungstermin anzuberaumen, war die Zusicherung der Antragsteller, durch Verträge mit der belgischen Partnerfirma COMMOX sei die Lieferung der MOX-Brennelemente trotz der Querelen in Hanau gesichert.

Das Bündnis Schutz vor MOX hat kurz vor dem Erörterungstermin Umweltminister Gauweiler „eklatante Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien“ vorgeworfen. Die Atomkraftgener in der SPD, bei den Grünen und im kampferprobten WAA-Widerstand vermuten, daß in Bayern noch einmal ein großer Testlauf des Atomstaates versucht werden soll. Und das, obwohl Gundremmingen-Mehrheitseigentümer RWE schon recht eifrig an Atomkraftausstiegsszenarien bastelt. Klaus Wittmann

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