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"Niemanden geschädigt"

■ Sterni-Park-Initiative zeigt Kindergarten-Verein "Pusteblume" an

Kindergarten-Verein „Pusteblume“ an

„Es ist nichts Unsittliches dabei, wenn Leute Geld verdienen wollen. Im Gegenteil, wirtschaftliche Handlungsfähigkeit hat ihren Reiz.“ So rechtfertigt der Stellvertretende Leiter des Amtes für Jugend, Dr. Jürgen Nähter, daß er die als „Verein Pusteblume“ getarnte Baufirma Espig GmbH mit öffentlichen Mitteln gefördert hat. Er habe das „für die Kinder dieser Stadt“ getan. Daß der Geschäftsführer der Baufirma und der Vereinsvorsitzende ein und derselbe Hans-Jürgen Tost ist, sei ihm bekannt gewesen. Aber solange die Leistung, die Tost abliefere, kostengünstig sei, habe er nichts dagegen. „Zuwendungsrechtlich“ sei das in Ordnung, niemand sei geschädigt worden.

Begünstigt wurde in jedem Fall Hans-Jürgen Tost. Näther berichtete, daß Tost sich habe selbständig machen wollen und sich dazu mit einer Firma zusammengetan habe. Der gemeinnützige Verein Kinderhaus e.V. Sternipark hat gegen Nähter, der für die Planung und die Absprachen mit den freien Trägern verantwortlich ist, gegen seine ausführenden Untergebenen und gegen die letztlich für die Bewilligung der Gelder zuständige Leiterin der Verwaltungsabteilung, Marianne Gschwendtner, vorgestern Strafanzeige wegen Untreue und Amtsmißbrauchs erstattet. Gegen die Baufirma und den vorgeschalteten Tarnverein ermittelt die Staatsanwaltschaft bereits seit Oktober wegen Betrugs, Subventionsbetrug und Steuerhinterziehung.

Nähters eigenwillige Art von Wirtschaftsförderung war erst herausgekommen, nachdem immer mehr wirklich gemeinnützige Kindergärten- Initiativen von Nähter wegen zu hoher Erzieherkosten abgewiesen worden waren. Den Sternipark-Leuten wurde entgegen vorheriger Zusagen ein städtisches Grundstück für ein Kindertagesheim verweigert. Als sie deswegen vor das Verwaltungsgericht zogen, fanden sie in den Behördenakten die Beweise und erstatteten Anzeige.

Näther bestätigt, daß er auch mit einer weiteren Firma, die formal als Verein auftritt, solche Kindergarten-Geschäfte macht. „Uns geht es darum, daß diese Praxis aufhört“, sagt Sternipark-Anwalt Rainer Köncke, „denn das Jugendwohlfahrt-Gesetz und das Kinder- und Jugendhilfegesetz schreiben vor, daß nur anerkannte freie Träger und solche, die gemeinnützige Ziele verfolgen, öffentlich gefördert werden dürfen.“

Der Pressesprecher der für Näthers Amtsgestaltung verantwortlichen Jugendsenatorin Rosemarie Raab teilte auf Anfrage auch gestern nur Einsilbiges mit: die Behörde könne dazu nicht Stellung nehmen, da das Verfahren noch laufe. Ulla Küspert

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