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Asbest gefährdet Hertie-Quarree

■ Neues Kapitel im ewigen Streit um das Ottenser Einkaufszentrum / Amt für Arbeitsschutz fand Gift im alten Kaufhaus

/ Amt für Arbeitsschutz fand Gift im alten Kaufhaus

Neue Probleme für das umstrittenen Hertie-Quarree in Ottensen. Das ehemalige Kaufhaus auf dem für den Bau vorgesehenen Gelände steckt voller Asbest und kann nur behutsam von Spezialfirmen abgerissen werden.

Die MitarbeiterInnen des Amtes für Arbeitsschutz staunten nicht schlecht, als sie im Dezember zu einer gründlichen Baustellenvisite des früheren Hertie Kaufhauses anrückten. Hinter zahlreichen Verkleidungen, an den Rolltreppen und in den Fahrstuhlschächten stießen sie auf Unmengen des giftigen Stoffes. „Wir haben soviel Asbest gefunden, daß für die Arbeitnehmer ein sehr umfangreiches Gefährdungspotential vorhanden ist“, so ein Mitarbeiter der Behörde.

Die Baustelleninspekteure ordneten sofort umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen an. So mußten an den Ausgängen des Ex-Kaufpalastes „Personenschleusen“ eingebaut werden, um ein Entweichen der giftigen Fasern und damit eine Gefährdung der AnwohnerInnen zu verhindern. Gleichzeitig soll damit den Arbeitern bei den Abrißarbeiten eine vernünftige Säuberung ermöglicht werden. Denn: Wenn sich nur wenige Fasern des giftigen Minerals in der Lunge eines Menschen festsetzen, tritt nach rund 15 Jahren die tödliche Asbestose auf.

Der Umfang des Asbestaufkommens in dem Kaufhaus kann noch nicht genau abgeschätzt werden. Zwar wurde bereits ein Gutachten erstellt, aber darin werden viele Asbestherde nicht benannt. Ein Insider: „Oftmals werden Verkleidungen nicht abgenommen. Dann wird gemeldet, es befindet sich dort kein Asbest. Da muß man nur mal die Verkleidung wegnehmen, um auf das Asbest zu stoßen.“

Das Amt für Arbeitsschutz hat dem Investor Büll & Liedtke und seinen Subunternehmern drastische Auflagen erteilt. „Diese Auflagen enthalten auch Sanktionsandrohungen.“ Das hat mittlerweile dazu geführt, daß ein beauftragtes Subunternehmen die Arbeiten abbrechen mußte, und die Baustelle vorübergehend stillgelegt wurde. Der Insider: „Es hat Verstöße gegeben. Das Unternehmen wird derzeit ausgetauscht.“ Wenn die innere Asbest-Entsorgung abgeschlossen ist, wird sich zeigen, ob und wie das Gebäude überhaupt abgerissen werden kann. „Eine Abrißgenehmigung wird nur erteilt, wenn die Feststellungsbescheinigung vorliegt.“ Im Klartext: Es gibt keine Abrißgenehmigung, wenn sich auch im Fundament Asbest befindet.

Und an diesem Punkt wollen die Mitarbeiter des Amtes für Arbeitsschutz besonders wachsam sein; denn beim Abriß des „Elbe-Einkaufszentrums“ waren sie gelinkt

1worden. Damals lag eine solche Unbedenklichkeitsbescheinigung fälschlicherweise vor. Als dann ein Abrißunternehmen das Gebäude sprengte, wurde doch eine riesige Asbestwolke freigesetzt. Gegen die beteiligten Firmen läuft mittlerweile ein Strafverfahren wegen Ver-

1stoßes gegen die Gefahrstoffverordnung.

Trotz der neuerlichen Probleme ist man beim Hertie-Quaree-Investor Büll & Liedtke optimistisch, daß die Bauarbeiten für das Einkaufszentrum jetzt zügig voranschreiten werden. Nach vielen un-

1liebsamen Verzögerungen (Protest der Anwohner, Querelen um den ehemaligen jüdischen Friedhof) soll Ende Januar zunächst mit dem Bau eines Wohnhauses begonnen werden. Die Baugenehmigung dafür soll bereits mündlich erteilt worden sein. Kai von Appen

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