: Irakische Kurden fürchten Saddams Rache
■ Die aggressiven Töne aus Bagdad ver- stärken die Angst vor Raketenangriffen
Die im Norden des Irak lebenden Kurden fürchten zunehmend, daß sie bald den Preis für die sich verschärfende Konfrontation zwischen Präsident Saddam Hussein und dem Westen zahlen müssen. Überall im Kurdengebiet schwirren Gerüchte über irakische Truppenbewegungen herum. Raketen verschiedener Typen seien auf kurdische Städte gerichtet. Immer aggressivere Erklärungen Saddams und seines Verteidigungsministers Ali Hassan el Madschid vergrößern die Angst. El Madschid, bei den Kurden wegen der Giftgasangriffe während des ersten Golfkrieges mit dem Iran als „Chemie-Ali“ berüchtigt, hatte kürzlich verkündet, seine Armee sei jetzt bereit, wieder die Kontrolle über den gesamten Irak zu übernehmen.
All dies trägt zu der bangen Erwartung bei, daß Saddam zu einem harten Schlag gegen die Kurden ausholen könnte – aus schierer Rache dafür, daß sie eine vom Westen unterstützte irakische Oppositionsbewegung beherbergen, oder von dem Wunsch getragen, seinen Anhängern zu zeigen, wer Herr im Haus ist; oder aber aus absichtlichem Kalkül in dem Nervenkrieg, den er mit seinen Nadelstichen gegen die westlichen Verbündeten entfesselt hat.
Dr. Fadil Ali, ein Mitarbeiter der Kurdenhilfe, bringt es auf den Punkt: „Fragen Sie irgend jemanden hier, und er wird Ihnen wahrscheinlich sagen, daß er nachts nicht gut schläft, weil er Angst hat, daß die Raketen auf der anderen Seite der Ebene, nur 20 Kilometer von hier, auf ihn gerichtet sind.“
Während der kurdische „Mann auf der Straße“ sich um die Äußerungen Saddams und seiner Gefolgsleute sorgt, horchen die Politiker mehr auf die Nuancen der westlichen Politik. Sami Abdul Rahman, Führer einer der kleineren kurdischen Parteien, meint: „Ich weiß nicht, ob Saddam aus Verzweiflung handelt oder aus einem neuen Gefühl der Stärke heraus. Aber ich bin sicher, daß er seine Militärmacht in den letzten zwei Jahren ausgebaut hat, und man braucht nur (dem stellvertretenden Ministerpräsidenten) Tarik Asis zuzuhören, der stets behauptet, daß sie die Flugverbotszonen nicht anerkennen, um sich zu sorgen, was wir zu erwarten haben. Warum sollte Saddam uns nicht angreifen, um dem Westen noch mehr Ärger zu machen?“
Politiker wie Rahman fürchten, daß Saddam Städte wie Irbil, rund 80 Kilometer südöstlich von Mosul, mit Raketen oder Artillerie beschießen könnte, so daß der Westen hilflos vor der Frage steht, wann und wie er darauf antworten soll. Diese Städte liegen zwar innerhalb der Flugverbotszone, aber außerhalb der ursprünglichen Sicherheitszone, aus der sich irakische Truppen unter dem Druck des Westens 1991 zurückgezogen hatten. David Hirst (The Guardian), Irbil
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