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Energiekonsens gefährdet

Hessens Umweltminister Fischer legt Gutachten zu MOX-Brennelemente-Fabrik in Hanau vor/ Töpfer ignoriert's  ■ Aus Wiesbaden Klaus-Peter Klingelschmitt

Der hessische Umweltminister Joschka Fischer ist seiner Linie treu geblieben. Ohne sich politisch angreifbar zu machen, legte der Grüne mit einem gestern im Landtag vorgestellten Gutachten die Axt an die Wurzeln der Mischoxyd-(MOX)-Brennelementeproduktion in Hanau und damit an die Plutoniumverarbeitung in der Bundesrepublik.

Das Mitglied des hessischen Staatsgerichtshofes Klaus Lange hat ein Gutachten vorgelegt zu den dubiosen Vorgängen in Hanau 1990/91. Damals wurden Genehmigungsakten vom Ministerium für die 5. Teilgenehmigung (TG) zur Errichtung einer neuen MOX- Fertigungsanlage in Hanau ausgrechnet bei der Antragstellerin gelagert. Die von Lange aufgelisteten Verstöße von Siemens gegen „genehmigungsübliche Praktiken“ und die Versäumnisse der CDU- geführten Vorgängerregierung sind laut Fischer so gravierend, daß an der MOX-Fabrik auf keinen Fall weitergebaut werden dürfe.

Damit ist der noch von Fischers Vorgänger Weimar (CDU) angeordnete Sofortvollzug eigentlich obsolet geworden. Fischer kündigte an, dem Bundesumweltminister die Aufhebung des Sofortvollzugs aus „juristischen und materiellen Erwägungen heraus“ mehr als nur zu empfehlen. Töpfer allerdings wertet das Gutachten anders: Mit Schreiben von gestern hat der Bundesumweltminister seinen hessischen Amtskollegen noch während dessen laufender Pressekonferenz angewiesen, „bestimmten Errichtungsschritten“, darunter auch die 5. TG, „zuzustimmen“. In Wiesbaden wurde diese „vorschnelle Entscheidung“ als „ungeheuerlicher Akt“ gewertet. Ohne Not habe sich Töpfer über das Gutachten eines auch in konservativen Kreisen geschätzen Verwaltungsjuristen hinweggesetzt. Fischer zur taz: „Töpfer muß wissen, daß er mit seinem Einsatz für die MOX-Fertigung den angestrebten Energiekonsens bereits im Vorfeld sabotiert hat.“

Nach Auffassung des Gutachters ist die Sofortvollzugsgenehmigung für die 5. TG ein „nichtiger Verwaltungsakt“. Schon die unter der Verantwortung von Weimar vorgenommene Auslagerung der Genehmigungsakten vom Ministerium zu Siemens sei ein „rechtswidriger Vorgang“ gewesen. Zudem fand Lange in den Akten Hinweise darauf, daß die Firma Siemens auf Zetteln versprochen hatte, in den Genehmigungsakten fehlende Anlagenteile nach erfolgter Genehmigung errichten oder einbauen zu wollen. Daß Töpfer offenbar gewillt ist, im Interesse der Abarbeitung des Plutoniumberges auf „ordentliches Verwaltungshandeln“ zu verzichten, findet Fischer einen „mehr als nur merkwürdigen Vorgang“.

Durch das Gutachten dürften sich auch die 40.000 Einwender gegen den Einsatz plutoniumhaltiger MOX-Brennelemente im Atomkraftkraftwerk Gundremmingen bestätigt fühlen. Der Erörterungstermin um Gundremmingen (s. taz gestern) war am Mittwoch nachmittag im Schnelldurchgang beendet worden. Zuvor waren die Einwender unter Protest aus der Versammlung gezogen, als Gutachter sowie Sprecher der Betreiberfirmen RWE und Bayernwerk praktisch die letzten fünf von sieben Themenkomplexen abhandelten. Das Umweltministerium hatte es zuvor abgelehnt, die Einwender anzuhören, weil deren Argumente schriftlich vorlägen.

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