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Gegen ABM-Wegfall hilft kein Sonderprogramm

■ In einem Hearing äußerten sich JugendsozialarbeiterInnen zum Sonderprogramm „Jugend gegen Gewalt“/ Publicityträchtige Augenwischerei?

Berlin. Als „Augenwischerei“ bezeichneten Sozial- und JugendarbeiterInnen gestern in einem Hearing das 300-Millionen-Sonderprogramm „Jugend mit Zukunft“, das das Abgeordnetenhaus im letzten Dezember verabschiedet hat. „Was bringt dieses Programm im Verhältnis zu den Einsparungen im Jugendbereich?“ fragte eine Sozialarbeiterin. Ein anderer vermutete unverblümt ein „Nullsummenspiel“, welches publicitywirksam mit dem Sonderprogramm kaschiert werde.

„Einen warmen Regen in kalter Zeit“ nannte dagegen Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) das Programm. Die 30,9 Millionen Mark, die in diesem Jahr zusätzlich zur Verfügung ständen, böten die Möglichkeit, die Jugendarbeit neu zu strukturieren. „Wir haben jetzt die Chance, Gewichte und Akzente anders zu setzen, die Jugendarbeit überhaupt zu modernisieren.“ Wie hoch die Einsparungen tatsächlich würden, sei auch noch gar nicht klar, da es den Verteilungskämpfen in den Bezirken überlassen bleibe, wie die Minderungspauschale die verschiedenen Ressorts belasteten.

„Wenn dieses Programm nichts bringt, kann man sich für die nächsten 15 Jahre Sonderprogramme für die Jugend abschminken“, so Krüger. Für einige Bereiche wie die Ergänzung des Streetworkerprogramms und der Jugendberufshilfe habe das Abgeordnetenhaus genaue Festlegungen getroffen. Die insgesamt 15 Millionen für die Öffnung von Jugendfreizeiteinrichtungen am Wochenende, die Einrichtung mobiler Freizeittreffpunkte und die Eigeninstandsetzung von Jugendräumen seien jedoch disponibel. „Wir wollen uns jeweils für das adäquateste, bedarfsgerechteste und erlebnisreichste Angebot entscheiden.“ Bezirksämter, JugendarbeiterInnen und Jugendliche sollen dabei mitreden. „Das Programm soll zum Stadtgespräch werden, auch als Begleitung und Reflexion.“

Die zahlreich vertretenen PraktikerInnen reagierten eher skeptisch. „Die Gremien in den Bezirken wissen am besten Bescheid, was gebraucht wird, die Bezirke müssen zu zwei Dritteln in die Entscheidungsfindung einbezogen werden“, forderte Kathrin Fleischer, die eine Initiative von 50 öffentlichen und freien Trägern vertrat. Auch müsse man Perspektiven für die Zeit danach überlegen. Jugendarbeit brauche Kontinuität und langfristige Programme.

Im Gegensatz dazu wird die Jugendarbeit im Ostteil meist von ABM-Kräften gemacht, etwa 3.100 sind es zur Zeit. „Deren stufenweiser Wegfall durch die Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes kann kein Sonderprogramm auffangen“, gab Sachgebietsleiterin Anne Lersch zu. Immerhin könnten aber über die Wochenendöffnung 90 Stellen in Freizeitheimen geschaffen werden.

„In Ihrem Programm werden nur Jungenprobleme thematisiert, Mädchen kommen überhaupt nicht vor“, kritisierte Simone Klaue vom Mädchentreff Friedrichshain. Mädchen müßten ganz anders motiviert werden, die Einrichtungen zu besuchen. Andere beklagten das Fehlen von Programmen für ausländische Jugendliche, immerhin 20 Prozent aller Jugendlichen in der Stadt. Auch die gewaltbereiten Jugendlichen, die von öffentlichen Einrichtungen kaum noch angezogen würden, blieben unberücksichtigt.

Umstritten waren auch die drei Millionen, die das Abgeordnetenhaus für die Anschaffung neuer Polizeifahrzeuge vorsieht. Krüger bezeichnete dies schmunzelnd als „I-Punkt“, den die Abgeordneten offensichtlich zum Schutz aller Beteiligten gedacht hätten. „Ein Jugendsonderprogramm hat nicht dafür herzuhalten, daß die Polizei ihre Verluste an den 1.-Mai-Demonstrationen wettmacht“, kritisierte ein Projektvertreter vom Prenzlauer Berg. cor

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