: PolitikerInnen pro Pille
■ Hoechst-Konzern soll Zulassung für Abtreibungspille „RU 486“ beantragen
Berlin (AP) – Bonner PolitikerInnen aus allen Parteien haben sich erneut für die Zulassung der umstrittenen Abtreibungspille „RU 486“ auch in der Bundesrepublik eingesetzt. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung BZ am Sonntag verwiesen sie zur Begründung teilweise auf die in den USA beschlossenen Lockerungen beim Abtreibungsrecht unter dem neuen Präsidenten Bill Clinton. Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger appellierte an den Frankfurter Hoechst-Konzern, im Interesse der betroffenen Frauen bald einen Antrag auf Zulassung der Abtreibungspille zu stellen.
Wenn sich Hoechst zu einem derartigen Vorstoß entschließe, werde das Bundesgesundheitsamt den Zulassungsantrag prüfen. „Die Firma sollte dies im Interesse der betroffenen Frauen so bald wie möglich tun“, sagte die FDP-Politikerin. Aus strafrechtlicher Sicht sei „RU 486“ ein Mittel des Schwangerschaftsabbruchs „wie jedes andere auch“, fügte Leutheusser- Schnarrenberger hinzu.
Die Vorsitzende des Frauenausschusses im Bundestag, Edith Niehuis, forderte Bundeskanzler Helmut Kohl auf, sich am amerikanischen Präsidenten „ein Beispiel zu nehmen und sich endlich zu bequemen, Hoechst zur Zulassung der Abtreibungspille zu bewegen“. Die SPD-Politikerin hält es für einen Skandal, daß den Frauen die schonendste Methode des Schwangerschaftsabbruchs immer noch vorenthalten werde.
Auch der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Horst Eylmann, forderte die Hoechst AG auf, jetzt den Antrag zu stellen, damit „RU 486“ schnell auf dem deutschen Markt eingeführt werden könne. Der CDU-Politiker Eylmann, der zu der Minderheit von Befürwortern einer Fristenlösung in seiner Fraktion gehört, warf dem Frankfurter Chemiekonzern nach Angaben der Zeitung vor, er nehme das anhängige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht als Vorwand, derzeit keinen Antrag auf Zulassung der Abtreibungspille zu stellen. „Zwischen dem Verfahren und der Abbruchmethode gibt es aber keinerlei Zusammenhang“, betonte er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen