Pustöckchen

Pustöckchen

London-New York-die Welt, und dann noch auf Latein: die

rasante Editionsgeschichte von Winnie-the-Pooh

Alexander Alan Milne, geboren 1882 in London, war Journalist beim „Punch“ und schrieb Kinderlyrik, mit der kleine Amerikaner heute noch aufwachsen. Er hatte einen kleinen Sohn namens Christopher Robin, der hatte lauter Spieltiere. So weit, so normal. Doch dann hatte Milne die Idee, über seinen spielenden Sohn zu schreiben. Damit trat er eine Lawine los, die ihn sicher bis ins dritte Glied verfolgen wird.

„Winnie-the-Pooh“ kam 1926 bei Methuen & Co. in London heraus und schlug ein wie eine Bombe. Schnell warf sich Dutton in New York darauf und startete eine gigantische Vermarktung mit allen denkbaren Publikationsvariationen von Winzausgaben bis zum „Pop-up“, dem sich aufklappenden Bild. 1969 stieg Walt Disney ein mit entsprechenden Verhunzungen und Trickgefilme; inzwischen ist Pu der Bär in 20 Sprachen übersetzt.

Ein Grund für den immensen Erfolg der beiden Bände (Pu der Bär, Pu baut ein Haus) ist sicher die Leistung des Illustrators Ernest H. Shepard, der die endgültige Darstellung der Protagonisten Cristopher Robin, Pu, Ferkel usw. gefunden hat. Die meisten Versuche, Pu neu zu illustrieren, müssen als gescheitert gelten. Die Orte und Gegenstände, der Hundertsechzig-Morgen-Wald, die Tiere, die Brücke, auf der Pu das Spiel „Pustöckchen“ erfand - alles gab es wirklich. Heute werden die Schmusetiere in einer Bibliothek in Manhattan wie Reliquien hergezeigt. Die Pilger kommen in Scharen.

Eine Delikatesse für Kenner ist die lateinische Übersetzung von Pu der Bär — „Winnie Ille Pu“. Die besorgte 1960 ein belgischer Arzt im brasilianischen Busch, Dr.Alexander Lenard. Lateiner in aller Welt nahmen die Übersetzung begeistert auf. Inzwischen gibt es auch reichlich Sekundärliteratur, u.a. von Christopher Robin selbst, der lebenslang mit dem Kleiner-Junge- Image nicht fertig wurde; oder vom Zeichner Shepard, der — Freund der Familie — die Ursprünge von Pu genau kannte. Die gültige Übersetzung ins Deutsche stammte von Ursula Lerburger („Mundvoll“); derzeit wird sie von der Harry-Rowohlt-Ausgabe („Imbiß“) verdrängt. Das ist natürlich ein Jammer.