: Entscheidung zum Paragraph 218 verschoben
■ Bundesverfassungsgericht entscheidet frühestens im April/ Männergruppen und Wissenschaftlerinnen für Fristenregelung
Berlin (taz) – Das Bundesverfassungsgericht hat sich Aufschub bei der Entscheidung über das neue Abtreibungsrecht gewährt. Der Zweite Senat wiederholte in einer gestern veröffentlichten Entscheidung die einstweilige Anordnung vom August vergangenen Jahres, mit der das Inkrafttreten der Fristenregelung mit Beratungspflicht gestoppt worden war. Da diese Anordnung nach sechs Monaten ausläuft, die sieben Verfassungsrichter plus Richterin jedoch noch nicht zu einem Beschluß gekommen sind, mußte sie erneuert werden. Mit dem endgültigen Urteil über die Klagen von 249 Unionsabgeordneten und der bayerischen Staatsregierung gegen das neue Abtreibungsrecht wird mittlerweile nicht mehr vor April gerechnet.
Damit gilt vorerst weiterhin geteiltes Recht in Deutschland: In den alten Ländern bleibt die Indikationenregelung in Kraft, in den fünf neuen Ländern gilt die klare Fristenregelung. Die Novelle des §218 war im Juni '92 mit großer parlamentarischer Mehrheit vom Bundestag verabschiedet worden. Sie sieht vor, daß der Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten „nicht rechtswidrig“ ist, wenn sich die Frau mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen.
Mit einem offenen Brief wandten sich die Männerbüros von Berlin, Göttingen und Köln an den Zweiten Senat des BVerfG und mahnen an: „Als Richter des Bundesverfassungsgerichtes haben Sie in den nächsten Tagen die Gelegenheit, Ihrer Verantwortung als Mann gerecht zu werden.“ Außerdem appellieren sie an das Gericht, die Situation von Frauen nicht durch die Ablehnung der Fristenregelung weiter zu erschweren.
Der Arbeitskreis Hessischer Wissenschaftlerinnen ruft gleichzeitig zu einer Briefaktion an das Bundesverfassungsgericht auf. Die Unterzeichnerinnen des Aufrufs, zu denen auch die Frankfurter Professorin Ute Gerhard-Teuscher gehört, betonen, eine Ablehnung der Fristenregelung sei „eine politische Entscheidung gegen Frauen“. flo
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