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Bi-nationaler Streß

■ Sachbearbeiter stellen sich als Romantik-Experten dar / Ständige Beweislast der Paare

„In Hinsicht auf das Familienrecht leben Partner in bi-nationalen Ehen in der Steinzeit“, sagt Barbro Krüger-Baffoe vom Verband bi-nationaler Familien und Partnerschaften, Interessengemeinschaft der mit Ausländern verheirateten Frauen e.V. (IAF). Daß bi-nationale Partnerschaften weder rechtlich noch sozial inländischen Partnerschaften und Familien gleichgestellt sind, ist eine Erfahrung, die bi-nationale Paare fast täglich machen. Das fängt schon damit an, daß es für sie kaum möglich ist, ohne Trauschein zusammenzuleben, da die Ehe oft die einzige Möglichkeit zur Aufenthaltserlaubnis des ausländischen Partners ist. „Man zwingt bi-nationale Paare quasi in die Ehe, hinterher wirft man ihnen vor, daß sie heiraten“, stellt Krüger-Baffoe fest.

Im Artikel 6.1 des Grundgesetzes steht: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“, doch dies träfe wohl nur auf eine deutsch- deutsche Ehe zu, sagen die MitarbeiterInnen des IFA. Das Unangenehme sei, daß man unter einer ständigen Beweislast stehe. –Ist die Ehe gut? Wie verständigen sie sich? Haben sie gemeinsame Interessen? Wie haben sie sich kennengelernt? Haben sie aus Liebe geheiratet? Diese Fragen stellen die Sachbearbeiter. „Bei uns fragen sie nach der Romantik. Da sind plötzlich alle Sachbearbeiter Experten", berichtet Barbara Scheibe-Ibrahim. Viele bi-nationale Paare heiraten im Ausland, um den demütigenden Behandlungen der deutschen Behörden auszuweichen. „Es reicht, wenn der Mann aus Afrika kommt und Asyl beantragt hat, da ist das Mißtrauen der Behörde groß“, berichten die IAF-Frauen. In der letzten Zeit sind wiederholt Fälle aufgetreten, bei denen die Sachbearbeiter ihre Schnüffelei ausweiteten und die Wohnungen der frisch Verheirateten aufgesucht haben.

Die Bremer-IAF-Gruppe arbeitet seit 1978 und zählt etwa 120 Mitglieder in Bremen und umzu. Hauptsächlich Frauen, doch auch Männer anderer Nationalitäten sind beigetreten. Der wichtigste Aspekt ist die Beratungsarbeit der bevorstehenden Eheschließungen und des Aufenthaltsrechts. „Es häufen sich Fälle, daß trotz Eheschließung kein Aufenthaltsrecht erteilt wird", sagen die BeraterInnen. „Da unterliegt man dann auch als Deutsche dem Ausländergesetz.“ Man könne sich das zum Beispiel so vorstellen: Eine Frau sei mit einem Afrikaner verheiratet, der hier studiert hat. Da seit 1991 das Gesetz des Aufenthaltsrechts geändert ist, muß der Mann erneut Aufenthalt beantragen. Zur Zeit lebt er mit Duldung, und darf nicht arbeiten. Die Familie muß daher von der Sozialhilfe leben.

Das IAF tritt mit seinen Forderungen an Gesetzgeber und Politiker heran. Seitdem die Gewalt gegen AusländerInnen „salonfähig geworden ist, hört man oft, daß die Kinder angegriffen, geschubst oder gekniffen werden“, erzählt Scheibe-Ibrahim. Deshalb fordert die IAF unter anderem, „daß rechtliche Grundlagen zur Beseitigung rassistischer und sexistischer Diskriminierung geschaffen werden“. vivA

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